Auf dem Rotsee starten heute gleich vier Schweizer als Favoriten im Einer. Nico Stahlberg (25) fährt im gelben Trikot und hat die Möglichkeit, die Weltcupwertung für sich zu entscheiden. Dabei würde er lieber in einem grösseren Boot starten.
Wenn Nico Stahlberg vom gelben Trikot des Weltcup-Leaders spricht, strahlt der Thurgauer über das ganze Gesicht. Klar, bei den Ruderern ist der Weltcup hinter den Olympischen Spielen, Weltmeisterschaften und Europameisterschaften nur an vierter Stelle. Doch für Stahlberg hat das Trikot eine grössere Bedeutung. «Schon als Bub habe ich beim Weltcup auf dem Rotsee immer diejenigen mit dem gelben Trikot gejagt. Leider habe ich nie ein solches bekommen. Dass ich nun selber dieses Trikot tragen darf, ist eine Ehre», schwärmt er.
Und dem Thurgauer winkt sogar die Chance, die Weltcupwertung für sich zu entscheiden. Mit einem 4. Rang im A-Final, der am Sonntag stattfindet, würde dieser Erfolg Tatsache. «Es würde mich sehr stolz machen, da es zeigt, dass ich eine konstante Saison gefahren habe.»
Erster Schweizer Sieg im Einer seit 17 Jahren
Nico Stahlberg entschied das Rennen zum Weltcupauftakt in Belgrad für sich. Zwar war es kein topbesetztes Rennen, einige der besten Athleten hatten nach den Olympischen Spielen eine Pause eingelegt, dennoch setzte der Thurgauer ein Ausrufezeichen. Es war der erste Weltcupsieg im olympischen Einer eines Schweizers seit Ruderlegende Xeno Müller im Jahr 2000. Stahlberg war eben erst vom Doppelvierer auf den Einer umgesattelt – und das nicht freiwillig. Lieber wäre er im Doppelzweier unterwegs.
Bei den Trials, die jeweils Anfang Jahr stattfinden und dazu dienen, die besten Bootskombinationen herauszufinden, überzeugte Stahlberg aber nicht. Der Verband entschied deshalb, dass Roman Röösli (Neuenkirch) und Barnabé Delarze das Duo für den Doppelzweier bilden sollten. Ein Rückschlag für Stahlberg, der auch an den Schweizer Meisterschaft letzten Sonntag erneut von Röösli geschlagen wurde. Bereits im letzten Jahr hatte Stahlberg einen Rückschlag zu verdauen, nachdem er zusammen mit Röösli, Delarze und Augustin Maillefer im Doppelvierer bei den Olympischen Spielen den A-Final nicht erreicht hatte. Zwar gewannen sie den B-Final und klassierten sich somit im 7. Rang, für die hohen Ambitionen der Athleten war es aber enttäuschend. Stahlberg brauchte eine Auszeit und reiste für vier Monate nach Australien.
Nun ist der 25-Jährige also so gut wie nie zuvor wieder zurück. Aber Vollzeit-Ruderprofi ist er nicht mehr. Der gelernter Forstwart beginnt im Herbst in Bern ein Studium in den Waldwissenschaften. Etwas, was Stahlberg einen Ausgleich geben soll. «Vielleicht tut es auch ganz gut, sich noch mit anderem als dem Rudern zu beschäftigen.»
Der spezielle Heimauftritt
Zuerst steht aber der Weltcup auf dem Rotsee an. «Das Heimrennen ist immer speziell», sagt Stahlberg, der seit fünf Jahren in der Stadt Luzern wohnt. Zwar sei es schwieriger, auf dem Rotsee den Fokus auf den Sport zu richten. Schliesslich kenne er so viele Menschen wie nie bei einem Weltcuprennen. «Aber genau das kann mir Schub geben.» Dann könnte er sein gelbes Trikot für immer behalten.