Der Buhmann aus Sursee: Haris Seferovic. (Urs Lindts)

Der Buhmann aus Sursee

Nationalstürmer Haris Seferovic wird gegen Nordirland trotz erfolgreicher WM-Qualifikation ausgepfiffen. Vor acht Jahren war er aber noch der grosse Schweizer Held.

Es sind berührende Szenen am Sonntagabend in Basel. Die Schweiz löst durch ein 0:0 (Hinspiel 1:0) gegen Nordirland das WM-Ticket. Einer aber weint: Haris Seferovic. Es sind keine Freudentränen.

Der Stürmer hatte davor 90 Minuten lang gekämpft, ihm ist aber sehr wenig gelungen. Er vergab mehrere Topchancen kläglich. Dennoch geht nicht in Ordnung, was in der 87. Minute passierte: Bei seiner Auswechslung wurde er von einigen Nati-Fans ausgepfiffen.

Dabei war Seferovic als 17-Jähriger noch der Held gewesen. Er war es, der die Schweiz beim 1:0-Sieg gegen Nigeria zum grössten Titel ihrer Fussballgeschichte köpfelte – dem U17-Weltmeister. Unsere Zeitung titelte damals: «Surseer schiesst das Traumtor zum WM-Titel». Morgen ist das auf den Tag genau acht Jahre her.

Kein Wunder, wurde dem damaligen GC-Spieler eine grosse Karriere prophezeit. Er folgte dem Lockruf von Fiorentina, konnte sich dort nicht durchsetzen. Es folgten Ausleihen an Xamax, Lecce und Novara. Dort traf er zehnmal in 18 Serie-B-Partien, worauf Real Sociedad den Stürmer verpflichtete.

Schon in Spanien machte er Erfahrungen mit Pfiffen gegen seine Person. Am Abend nach einer Niederlage gegen Barcelona zeigte er sich mit seiner Freundin lachend in den sozialen Medien. Später sorgte Seferovic für Aufsehen, als er mit der Freundin lautstark stritt. Pfiffe gegen Seferovic waren die Folge, ein Klubwechsel zu Frankfurt die Lösung.

Weniger umstritten war Seferovic in der Nationalmannschaft. An der WM 2014 in Brasilien schoss er in der 93. Minute das so wichtige Siegtor gegen Ecuador. Erneut war er der Held. «Der Mann aus Sursee», wie ihn SRF-­Kommentator Sascha Ruefer nennt, hat sich dank guten Leistungen einen Platz im Sturmzentrum erobert. In der eben erfolgreich abgeschlossenen Qualifikation hat er vier Tore erzielt und drei Assists gegeben.

Seferovic ist kein Kind von Traurigkeit. Mit seiner direkten Art eckt er an. Bei Frankfurt schlossen ihn die Fans aber schnell in ihre Herzen. Die Frankfurter mögen Fussballer, die durch Kampfgeist auffallen. Das ist die grosse Stärke von Seferovic. Er gibt immer alles. Zudem verstand er sich mit Sturmpartner Alexander Meier, der mit 19 Toren Bundesliga-Topskorer wurde. Seferovic schoss selber zehn Treffer.

Doch zur Karriere von Seferovic passt, dass er auch bei Frankfurt in Ungnade fiel, weil seine Leistungen merklich nachliessen. Im Sommer wechselte er zu Benfica Lissabon.

Haris Seferovic wird nie der Liebling der Nation sein, so wie es Breel Embolo ist. Doch die Schweiz braucht seine Qualität an der Weltmeisterschaft in Russland. Und wenn er dort entscheidend trifft, ist er plötzlich wieder der Held.

Publiziert in der Rubrik “Kopf des Tages” der Luzerner Zeitung und des
St. Galler Tagblatts am 14. November 2017.

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