Die Schweizer Nationalmannschaft gewinnt ein schwieriges Barrage-Hinspiel in Nordirland mit 1:0. Damit schafft sie sich eine ideale Ausgangslage – auch dank einem glücklichen Penalty.
Es lief die 57. Minute, als die Schweizer einen weiteren Angriff auf das Tor der Nordiren lancierten. Xherdan Shaqiri kam zum Abschluss, und dann folgte plötzlich ein Pfiff. Das Publikum im Windsor Park, das zuvor so laut gewesen war, verstummte plötzlich für einen kurzen Moment. Der rumänische Schiedsrichter Ovidiu Hategan hatte auf Elfmeter entschieden. Die Hand von Corry Evans soll am Ball gewesen sein. Ein sehr harter Entscheid. Ricardo Rodriguez verwandelte vom Penaltypunkt souverän. Es sollte das einzige Tor in diesem so wichtigen Spiel gewesen sein, das zum 1:0-Auswärtssieg in diesem Barrage-Hinspiel in Belfast führte. Für die Schweiz ist es die erhoffte Ausgangslage vor dem Rückspiel am Sonntag in Basel.
Schweizer Spieler teilen ebenfalls hart aus
Einfach war es gestern gegen das auf dem Papier deutlich schwächer besetzte Nordirland aber keineswegs. Das lag an einer geschlossenen nordirischen Mannschaft, die alles, was sie hatte, in dieses Duell warf. Zum anderen lag das aber auch an den nordirischen Fans, die schon vor dem Spiel eindrücklich eingeheizt hatten und von erster Sekunde an für eine sehr hitzige Atmosphäre im Windsor Park sorgten. Eine Kulisse, die sich auch auf dem Platz widerspiegelte.
Die Zweikämpfe wurden hart geführt – von beiden Seiten. Trainer Vladimir Petkovic hatte die Schweizer Equipe offenbar gut auf die aggressive Spielweise des Heimteams eingestellt. Nicht nur das Einstecken machte die Schweizer Mannschaft vorzüglich, sie wusste ebenfalls auszuteilen.
Fabian Schär sah für ein rüdes Foul schon nach fünf Minuten den gelben Karton. Gelbe Karten zu holen ist selten etwas Gutes. In diesem Fall sollte das Einsteigen von Schär aber ein Zeichen sein und zeigen: «Wir Schweizer ergeben uns hier nicht.» Der junge Mittelfeldspieler Denis Zakaria legte sich mehrmals mit dem Gegner an, Steven Zuber kämpfte um jeden Ball. Die Schweizer Mannschaft brillierte gestern nicht spielerisch, was sie inzwischen zur grossen Stärke gemacht hat, sondern sie konnten mit den Nordiren auch in Sachen Leidenschaft und Kampfgeist mithalten.
Eine Lösung für die sehr defensive Spielweise – die Nordiren positionierten von Beginn weg neun Feldspieler rund um den eigenen Strafraum – konnte die Schweizer Mannschaft lange aber nicht finden. Oft fehlte der schnelle Überraschungsmoment.
Granit Xhaka, Manuel Akanji und Ricardo Rodriguez versuchten oft, das Spiel mit langen Seitenwechseln einzuleiten, bis der Ball aber von den Flügelspielern wieder präpariert war, war der Gegner bereits wieder mit Mann und Maus am und vor allem im eigenen Strafraum. Und wenn man dann mit Vorstössen über die Flügel in den gegnerischen Strafraum eindringen konnte, scheiterte man daran, dass man ausrutschte (Dzemaili in der 10. Minute) oder der gegnerische Keeper hielt stark (in der 18. Minute). Granit Xhaka oder Fabian Schär probierten es mehrmals mit Distanzschüssen, aber wirklich gefährlich wurden sie selten. Nach der Pause hatte Xherdan Shaqiri die Möglichkeit, eines seiner gefürchteten Traumtore von der Strafraumgrenze zu erzielen. Sein Schlenzer streifte aber knapp über die Torlatte.
Souveräne Verwaltung der Führung
Nur wenige Minuten später kam wieder Xherdan Shaqiri zum Abschluss. Was folgte, war die Szene, die gestern für das einzige Tor in diesem Kampfspiel sorgen sollte. Der Sieg kam durch den praktisch geschenkten Elfmeter sicher auch glücklich zu Stande. Unverdient war er aber nicht, weil das Schweizer Team deutlich mehr für das Spiel tat und einen höheren Aufwand als die Nordiren betrieb. Erst nach dem Führungstreffer der Schweiz versuchten die nordirischen Spieler einiges, um noch irgendwie zum Ausgleich zu kommen. Aber die Schweizer Mannschaft liess sich davon überhaupt nicht beeindrucken und spielte dieses wichtige Auswärtsspiel mit einer beeindruckenden Coolness ohne Gegentor zu Ende.
Mit diesem 1:0-Sieg schaffte die Schweizer Mannschaft die ideale Ausgangslage für das Barrage-Rückspiel. Ein Unentschieden gegen Nordirland würde am Sonntag im heimischen St. Jakobspark reichen, um sich für die Weltmeisterschaft im nächsten Sommer in Russland zu qualifizieren. Mit einer ähnlich engagierten Leistung wie in Belfast sollte das machbar sein.
Publiziert in der Luzerner Zeitung und im St. Galler Tagblatt am 10. November 2017.