Markus Neumayr mit Tochter Lanï und Sohn Dian (von links). (Bild: Martin Meienberger/Freshfocus)

«Die Türkei ist ein Abenteuer»

Ex-FCL-Spielmacher Markus Neumayr (31) ist in Istanbul angekommen. Kurz vor seinem Abflug erklärte er, warum er sich trotz seiner Kinder für den Wechsel entschieden hat und was bei Kasimpasa besser ist als beim FC Luzern.

Markus Neumayr, was erwartet Sie in der Türkei?

In Istanbul erwartet mich ein Verein, der mit einer unglaublich guten Infrastruktur super organisiert ist. Die Trainingsanlage liegt rund 20 Kilometer ausserhalb von Istanbul. Dort hat es wirklich alles: beheizte Trainingsplätze, eine überdachte Halle mit Rasen, mehrere Pools und Whirlpools. Wir haben ein eigenes 5-Sterne-Hotel, in dem jeder Spieler sein Zimmer hat. Ich werde dort auch vorerst wohnen. Bei Kasimpasa ist alles nochmals mindestens eine Klasse besser als in Luzern.

Und Ihre Familie bleibt in der Schweiz?

Nein, meine Kinder und meine Frau kommen im August nach. Zuerst muss aber noch in der Schweiz und in Istanbul alles geregelt sein. Auch meine Frau freut sich sehr über den Wechsel. Sie hat schon in Barcelona gelebt und freut sich jetzt auf die Stadt Istanbul. Wir werden uns dann sicher um ein Haus bemühen.

Haben Sie keine Bedenken, mit kleinen Kindern in der Türkei zu leben?

Natürlich habe ich mir auch Gedanken darüber gemacht, als die Anfrage von Kasimpasa kam. Aber ich habe aufgehört, alles, was in den Medien steht, zu übernehmen, sondern will mir selber ein Bild machen. Ich war vor Ort und habe mir das angeschaut. Und da habe ich einen sehr guten Eindruck erhalten. Klar, die Terrorgefahr ist höher als in Adligenswil, aber dann kann ich auch nicht mehr nach München, London oder Paris gehen.

Für immer werden Sie mit Ihrer Familie wohl aber kaum in der Türkei bleiben.

Nein. Für uns wird das ein Abenteuer als Familie sein, das vielleicht zwei, drei Jahre lang dauern wird. Den Kindern tut das in ihrer Entwicklung vielleicht auch gut. So lernen sie neben der Bilderbuch-Schweiz auch ein anderes Leben kennen. Aber irgendwann werden wir sicher wieder in die Schweiz zurückkommen.

Was wissen Sie alles von Ihrem Verein Kasimpasa?

Ich glaube, schon relativ viel. So habe ich beispielsweise mit Oscar Scarione, der drei Jahre lang bei Kasimpasa gespielt hat, ein dreistündiges Telefongespräch geführt. Und er hat mir nur Positives über den Verein erzählt. Auch sonst habe ich mich über andere Wege, etwa via meinen Berater, über den Verein informieren lassen. Sportlich ist es so, dass man höhere Ziele hat als den 10. Rang zuletzt.

Auch aus sportlicher Sicht haben nicht alle Fans Ihren Wechsel verstehen können.

Man kann es nie allen recht machen. Es ist klar, dass der harte Kern der Fans es nicht versteht, wenn ein Spieler den Verein verlässt. Sportlich gesehen, ist es für mich aber eine grössere Herausforderung. In der Schweiz ist es auch nicht spannend, wenn man bis zu fünf Mal in einer Saison gegen den FC Sion spielt. In der Türkei spielt man gegen absolute Weltklassespieler wie Wesley Sneijder, Samuel Eto’o oder Robin van Persie. Das ist nochmals eine neue Herausforderung.

Aber Hand aufs Herz, wäre beim FC Luzern in der Rückrunde nicht so viel Unruhe im Verein gewesen: Sie wären geblieben.

Also, ich verlasse den FC Luzern wirklich nicht, weil es mir nicht gepasst hat, sondern weil ich ein tolles Angebot bekommen habe. Es ist nicht selbstverständlich, dass man als über 30-Jähriger nochmals ein solches Angebot erhält. Und man kann nicht ewig Fussballer sein, daher muss man auch schauen, wo man bleibt. Und klar ist es finanziell bei Kasimpasa lukrativer als beim FC Luzern.

Im Winter haben Sie aber noch Ihren Vertrag verlängert – als Statement, länger beim FC Luzern bleiben zu wollen.

Damals hätte mich wirklich nicht viel aus Luzern weggelockt. Aber die Situation im letzten halben Jahr hat sich verändert. Und wenn nicht mehr alles super ist, hört man sich solche Angebote wie das von Kasimpasa eher an.

Was hat sich zum Negativen verändert?

Im Team war immer alles wunderbar. Aber wenn man aus den Medien erfährt, dass ein Investor sagt, dass man lieber Siebter als Dritter wird, beginnt man sich als Spieler schon zu fragen. Im Winter hiess es noch, dass man in der Europa League Erfolge feiern möchte.

Dazu kam es wie bei Torjäger Marco Schneuwly zu Prob­lemen bei der Vertragsver­längerung. Hatte das auch einen Einfluss?

Genau, mit solchen Angeboten wurde die Aussage des Investors noch untermauert. Dann macht man sich schon seine Gedanken. Die Probleme in Luzern sind hausgemacht: Wenn man sieben Spiele in Serie verliert, kann das nicht nur an den Spielern liegen. Aber nochmals: Ich habe beim FCL eine sehr tolle Zeit gehabt. Die Mannschaft, der Trainer, der ganze Staff, die Fans: Alles hat gut gepasst. Ich erinnere mich etwa gerne an die Reaktion der Fans nach der 0:2-Niederlage gegen Lugano vor dem Cup-Halbfinal in Sion. Sie haben uns aufgemuntert und applaudiert. Ein solches Gespür für die Mannschaft habe ich noch selten erlebt. Ich werde Luzern sicher vermissen.

Publiziert in der Luzerner Zeitung am 28. Juli 2017.

 

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