Granit Xhaka (rechts) und Fabian Schär (ganz links) im letzten Quali-Spiel gegen Portugal: Am Donnerstag in Belfast gegen Nordirland müssen sie parat sein. (Bild: Urs Lindt/Freshfocus )

Dieses Team soll uns an die WM bringen

Zwei Spiele entscheiden darüber, ob die Schweiz im nächsten Sommer an der Weltmeisterschaft spielen darf. In der Barrage trifft die Schweiz auf Nordirland. Ein Formcheck bei den aufgebotenen Spielern.

Es ist der direkte Kampf um eines der letzten verbliebenen WM-­Tickets: die Barrage. Für die Schweiz ist es nach dem verlorenen Direktduell um die WM-Qualifikation gegen Portugal die zweite Chance – aber auch gleichzeitig die letzte, nächsten Sommer in Russland mit dabei zu sein. In der Barrage trifft das Team von Trainer Vladimir Petkovic auf Nordirland.

Am Donnerstag begegnen sich die beiden Teams zuerst in Belfast, bevor am Sonntag in Basel die Entscheidung fällt. Nach der überzeugenden Gruppenphase, in der die Schweiz neun von zehn Spielen gewinnen konnte, geht die Schweiz als Favorit in das Duell gegen Nordirland. Das Schweizer Team verfügt zweifels­los über mehr fussballerische Qualität und die besseren Individualisten als Nordirland.

Petkovic warnt: «Die Chancen stehen 50 zu 50»

Die Nordiren haben aber in der Qualifikation gezeigt, dass sie durchaus ihre Qualitäten haben. In der Gruppe mit Deutschland, Tschechien und Norwegen klassierte sich das Team auf dem zweiten Schlussrang. Auch der Schweizer Nationaltrainer Vladimir Petkovic warnt: «Die Chancen stehen bei 50 zu 50 Prozent.» Er verweist darauf, dass die Nordiren in zehn Quali-Spielen sieben Mal ohne Gegentor blieben. «Sie sind ein physischer und kämpferischer Gegner, der auch eine gewisse Spielkultur hat.»

Die bekanntesten Spieler der nordirischen Nationalelf sind Kyle Lafferty, der einst beim FC Sion spielte, und Captain Steven Davis vom FC Southampton. Davis ist der einzige Spieler des Teams, der in der englischen Premier League spielt. Dies, obwohl die meisten nordirischen Profis ihr Geld in England verdienen. 15 von den 23 aufgebotenen Spielern Nordirlands spielen in den unteren englischen Ligen. Nicht im Aufgebot steht übrigens Kultstürmer und Youtube-Hit Will Grigg. Seinen Platz im Nationalteam hat er verloren.

Michael O’Neill, der Trainer der Nordiren, ist überzeugt davon, dass sich sein Team durchsetzen wird. O’Neill sagt: «Wir haben einen starken Teamgeist, eine gute Arbeitsethik. Unsere Stärke ist unser Zusammenhalt. Ich denke, wir verdienen es, an der WM in Russland dabei zu sein.» Den Grundstein dazu könnte seine Mannschaft am Donnerstag im Windsor Park in Belfast legen. O’Neill warnt die Schweizer: «Die Atmosphäre dort ist fantastisch, die Fans werden dem Gegner das Leben schwer machen.»

Drei Verletzungen zu einem dummen Zeitpunkt

Das Schweizer Team blieb vor den wichtigen Duellen mit Nordirland nicht von Verletzungen verschont. Abwehrpatron Johan Djourou ist verletzt und fehlt im Aufgebot, Selbiges gilt für Linksverteidiger François Moubandje. Er ist hinter Ricardo Rodriguez jedoch nur zweite Wahl, deshalb ist sein Ausfall wenig entscheidend. Entscheidender ist dagegen der Zustand von Valon Behrami. Der Routinier im zentralen Mittelfeld ist angeschlagen, steht aber im Aufgebot. Auch ein Zeichen dafür, wie wichtig Behrami für die Schweizer Mannschaft ist. Petkovic hat deshalb statt wie üblich 23 Spieler deren 24 aufgeboten.

Nicht mit dabei ist Eren Derdiyok. Der Stürmer ist bei Galatasaray nur noch zweite Wahl und wurde deshalb nicht aufgeboten.

 

Die Spieler im Formcheck

Yann Sommer
In seinem Club, bei Borussia Mönchengladbach, erlebt Sommer derzeit viele Auf und Abs. Nach einem souveränen Sieg verliert man das nächste Spiel hoch. Am Samstag gab es ein Unentschieden gegen Mainz. Aber in der Nationalmannschaft ist der Fall für den 28-Jährigen klar: Yann Sommer ist zwischen den Pfosten gesetzt.

Roman Bürki
In Dortmund ist der ehemalige GC-Keeper nicht unumstritten; nach schwachen Leistungen in der Champions League steht er in der Kritik. Als Zeichen hat Dortmund den Vertrag mit Bürki verlängert. In der Nationalmannschaft ist Bürki die klare Nummer zwei. Dahinter steht mit Marwin Hitz von Augsburg ein weiterer Bundesliga-Keeper bereit.

Stephan Lichtsteiner
International spielt der Adligenswiler derzeit nur in der Nationalmannschaft. Bei Juventus Turin wurde er nicht für die Champions League gemeldet. In der Serie A spielt er aber regelmässig und war bei Juventus auch schon wie in der Nati Captain. Die Erfahrung des Aggressivleaders von 92 Länderspielen kann die Schweiz in der Barrage brauchen.

Michael Lang
Er ist der Dauerbrenner des FC Basel: In der Meisterschaft und in der Champions League spielte Lang immer durch. Auch in der Nationalmannschaft hat er jeweils überzeugt, jedoch ist ihm Lichtsteiner auf seiner Position mindestens einen Schritt voraus. Gegen Nordirland ist er deshalb nur die Notlösung – er wäre aber bereit für die Aufgabe.

Fabian Schär
Der Wiler Verteidiger musste in Hoffenheim unten durch. Ohne Zweifel mit Talent und Spielverständnis ausgestattet, aber mit zu vielen Patzern, sass Schär in Hoffenheim nur noch auf der Bank. Seit Sommer spielt er in Spanien bei La Coruña, wo er sich wohlfühlt. Noch wohler fühlt er sich in der Nationalmannschaft: 33 Länderspiele mit 7 Toren sagen genug. Er ist unter Petkovic gesetzt.

Nico Elvedi
Als der Blondschopf im Sommer 2015 nach nur 18 Super-League-Spielen für den FC Zürich nach Gladbach in die Bundesliga wechselte, dachte man kaum, dass er so durchstarten würde. Er ist gesetzt bei der Borussia, in dieser Saison spielte er jeden Ernstkampf durch. Elvedi ist gegen Nordirland nach dem Ausfall von Johana Djourou eine gute Alternative in der Innenverteidigung.

Manuel Akanji
Er war der Senkrechtstarter der letzten Saison: Mit guten Leistungen kam er gleich zu Startelf-Einsätzen in der Nationalmannschaft. Gegen die Färöer und Andorra spielte er, in den wichtigen Spielen stand dann wieder das Duo Schär/Djourou auf dem Platz. Der Ausfall von Johan Djourou dürfte seine Chance sein. Akanji hat gute Karten, gegen Nordirland von Beginn weg zu spielen.

Léo Lacroix
Wegen der Verletzung von Johan Djourou rückt der Romand als Ergänzungsspieler ins Kader. Bisher stand der Innenverteidiger von Saint-Étienne in der französischen Ligue 1 viermal im Aufgebot der Nationalmannschaft, zum Einsatz kam der 25-Jährige aber noch nie. Dass er ausgerechnet gegen Nordirland sein Debüt gibt, ist unwahrscheinlich.

Ricardo Rodriguez
Seit Sommer spielt er bei einem absoluten Weltklub: beim dreifachen Champions-League-Sieger AC Milan. Dort ist er gesetzt, wurde aber zum Allrounder. Er kam schon als linker Verteidiger, Innenverteidiger oder Flügel zum Einsatz. In der Nationalmannschaft ist der U17-Weltmeister noch immer als Aussenverteidiger zu Hause. Er brilliert auch als guter Standardschütze und Flankengeber.

Valon Behrami
Der Einsatz des Leaders gegen Nordirland ist höchst fraglich. Der Routinier ist angeschlagen, wollte aber trotzdem ins Aufgebot. Dabei könnte seine Erfahrung entscheidend sein: Er ist der einzige Nationalspieler, der schon bei der Barrage 2005 gegen die Türkei dabei war. Und beim Hinspiel (2:0) erzielte er gar sein erstes Länderspieltor.

Gelson Fernandes
Zuletzt setzte ein Muskelfaserriss den zentralen Mittelfeldspieler von Eintracht Frankfurt ausser Gefecht. Nun ist er aber zurück und auch wieder im Aufgebot der Nationalmannschaft. Der 30-Jährige ist seit Jahren ein sicherer Wert im Kader der Schweizer Nati – auch weil er dem Team mit seiner positiven, menschlichen Art guttut.

Edimilson Fernandes
Der Cousin von Gelson Fernandes wechselte vor einem Jahr von Sion zu West Ham United. Wenn er nicht gerade verletzt ist, ist der 21-Jährige bei den «Hammers» im Mittelfeld gesetzt. Anders sieht seine Rolle in der Nationalmannschaft aus, wo er bisher erst auf drei Kurzeinsätze kommt. Das wird sich auch gegen Nordirland kaum ändern.

Granit Xhaka
Der Leadertyp ist in der Nationalmannschaft zum unbestrittenen Chef im Mittelfeld aufgestiegen. Selbiges schaffte der 25-Jährige auch in London bei Arsenal, wo er in dieser Saison in jedem Premier-League-Spiel in der Startelf stand. Er bestimmt das Tempo und übernimmt Verantwortung. Seine Klasse braucht die Schweiz gegen Nordirland.

Denis Zakaria
Sein Einstand bei Borussia Mönchengladbach war fulminant. Für rund 12 Millionen Franken wechselte er im Sommer von den Young Boys in die Bundesliga und erfüllte alle Erwartungen. Er stand fast immer in der Startelf und ist bereits zu einem Leistungsträger gereift. In dieser Form kann der 20-Jährige auch der Nationalmannschaft weiterhelfen.

Fabian Frei
Gegen Ungarn spielte der Mittelfeldspieler aus dem Thurgau von Beginn weg im offensiven Mittelfeld und erzielte ein Tor. Aber im entscheidenden Spiel gegen Portugal nahm er dann wieder auf der Bank Platz. Etwas, das dem 28-Jährigen auch gegen Nordirland droht. Bei Mainz in der Bundesliga pendelt er zwischen Stammelf und Ersatzbank.

Remo Freuler
Behrami ist angeschlagen, darum ist schon fast klar: Der Ex-Spieler des FC Luzern wird für die Schweiz dringend gebraucht. Der Bergamo-Profi übernahm bereits gegen Ungarn und Portugal die Position im defensiven Mittelfeld neben Xhaka. Bei Bergamo hat sich der inzwischen 25-Jährige toll weiterentwickelt und ist ein absoluter Leistungsträger.

Blerim Dzemaili
Eigentlich hat er ja bereits Ferien. In der Major League Soccer, wo er bei Montreal Impact spielt, ist Winterpause. Deshalb hielt sich der Mittelfeldspieler in Italien bei seinem Ex-Klub Bologna fit. Im Hinblick auf die Duelle mit Nordirland stellt sich darum die Frage, wie fit er ohne Spielpraxis ist. Ist er fit, wäre er für die Schweizer Offensive eine gute Wahl.

Admir Mehmedi
In der Nationalmannschaft zählte Mehmedi oft zum Stammpersonal. Ganz anders sieht jedoch seine derzeitige Situation bei Bayer Leverkusen aus. Er wurde vom 20-jährigen Leon Bailey aus der Startelf verdrängt und schaute die letzten Spiele nur zu. Ohne Spielpraxis kann Mehmedi in der Nationalmannschaft wenig Ansprüche stellen.

Steven Zuber
Der ehemalige GC-Spieler ist definitiv in der Nationalmannschaft angekommen. Das zeigte er als Doppeltorschütze gegen Ungarn eindrücklich. Gegen Nordirland darf er sich Hoffnung auf einen Starteinsatz machen. In Hoffenheim war er auf dem linken Flügel lange gesetzt, zuletzt sass er aber zwei Spiele nur auf der Bank. Für die Nati könnten seine Schlenzer jedoch Gold wert sein.

Breel Embolo
Die Nationalmannschaft sei wie eine Familie, sagte Stürmer Breel Embolo, als er gegen Ungarn erstmals wieder aufgeboten wurde. Und bei der Familie ist Embolo im Moment sicher gern. Denn er hat aktuell einen schweren Stand bei Schalke. Sein Trainer lässt ihn auf der Bank sitzen und kritisiert ihn sogar öffentlich. Nach seiner schweren Verletzung ist er noch nicht der Alte.

Xherdan Shaqiri
Er ist der Mann für das Spektakel im Schweizer Spiel. An guten Tagen kann er gegen jeden Gegner für den Unterschied sorgen, an schlechten Tagen fällt er aber durch negative Gesten auf. Gegen die Nordiren darf man auf zwei gute Tage hoffen. In Form ist er nämlich: Am Samstag erzielte er für Stoke City gegen Leicester (2:2) ein Tor und gab einen Assist.

Haris Seferovic
Man staunte diesen Sommer nicht schlecht: Seferovic, eben erst zu Benfica Lissabon gewechselt, traf Spiel um Spiel ins Tor. Plötzlich war er ein echter Goalgetter, dabei wurde er jahrelang als Chancentod verschrien. Zuletzt hatte der Surseer Stürmer aber auch wieder eine Durststrecke. Für die Nati wären die Tore des gesetzten Mittelstürmers eminent wichtig.

Mario Gavranovic
Gegen Ungarn und Portugal stand der Stürmer erstmals seit der WM 2014 wieder im Aufgebot der Schweizer Nationalmannschaft. Und erneut schafft es der 27-Jährige ins Kader von Petkovic. Er ist ein Knipser: Bei Rijeka hat er diese Saison in 20 Pflichtspielen 11 Tore erzielt. Für ihn ist kein Startelfeinsatz vorgesehen. Bei einer Einwechslung wäre er aber immer für ein Tor gut.

Publiziert in der Luzerner Zeitung am 6. Oktober 2017.

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