Der bekannte deutsche Backwarenhersteller steigt in die Gastronomie ein. Sein erstes Lokal kommt in die Luzerner Neustadt. Und was sagen einheimische Bäcker?
Fertigbackmischungen, Backzutaten oder Pizzen: Dafür steht Dr. Oetker, die berühmte Backwarenfirma aus dem ostwestfälischen Bielefeld. In 40 Ländern werden die Produkte der Marke verkauft. Als Konditorei ist das Unternehmen jedoch noch nie in Erscheinung getreten.
Das wird sich jetzt ändern: Das allererste Dr.-Oetker-Café entsteht in der Neustadt von Luzern – an der Waldstätterstrasse 6, dort, wo bis vor kurzem die Sportbar Plan B eingemietet war. Bis vor zwei Jahren war in diesem Lokal die Bäckerei Rüthemann zu Hause. Pascal Remmert, Geschäftsführer von Dr. Oetker Schweiz, bestätigt entsprechende Recherchen unserer Zeitung.
Das Café soll 80 Kunden Platz bieten und bis spätestens Ende Jahr eröffnet werden. «Das ist ein ambitioniertes Ziel», sagt Remmert. «Schliesslich sind die Baubewilligungen noch nicht erteilt.» Ein mittlerer sechsstelliger Betrag soll investiert werden. Das Konzept ist speziell: Die Kunden können live beim Backen zuschauen. «Damit können wir uns von einheimischen Bäckereien abheben», ist Remmert überzeugt. «Es ist ein vollkommen neuartiges Konzept.» Noch sei nicht geplant, auch in anderen Städten weitere Lokale zu eröffnen.
Schweizer Brot in deutschem Laden
Weshalb ausgerechnet Luzern als Standort ausgewählt wurde, hat einen einfachen Hintergrund: «Mehrere Mitarbeiter von Dr. Oetker Schweiz stammen aus Luzern, deshalb sind wir auf die Idee gekommen, hier das Café zu eröffnen», erklärt Remmert. «Durch den idealen Standort hat sich hier die Möglichkeit ergeben.» Marktforschungen hätte die Firma nicht betrieben, bevor man sich für Luzern entschieden habe. Die Initiative für das Projekt kam nicht vom deutschen Mutterhaus, sondern von Dr. Oetker Schweiz.
Im Café sollen vor allem Kuchen und Torten verkauft werden. Brot wird es auch geben – aber nicht etwa deutsches Roggenbrot, wie die Herkunft der Firma vermuten liesse. «Es wäre total falsch, den Schweizern erklären zu wollen, wie sie ihr Brot backen sollen. Wir werden auf Schweizer Brot mit regionalen Zutaten setzen», so Remmert. Zudem soll es auch ein Take-away-Angebot geben.
Fertigpizzen will man allerdings keine anbieten. Auch wer denkt, im Café werde nur mit Backmischungen von Dr. Oetker gebacken, liegt falsch. «Aus unseren Rezepten werden wir kein Geheimnis machen. Die Köstlichkeiten sollen auch zu Hause nachgebacken werden können», erklärt Pascal Remmert.
Eine «Luzernerin» ist die Chefin
Die Betriebsleitung des neuen Cafés wird Stephanie Jordi (32) übernehmen. Sie ist ursprünglich Ostschweizerin, lebt aber seit rund zehn Jahren in Luzern. Jordi wird Chefin von zehn bis zwölf Mitarbeitern, die zu einem grossen Teil bereits engagiert wurden. Doch noch immer sind einige Stellen ausgeschrieben – so etwa diejenige des Küchenchefs. «Wir sind bereits sehr weit bei der Planung und freuen uns darauf, dass es bald losgeht», sagt Jordi.
In der Stadt Luzern gibt es im Verhältnis zu anderen Städten eine grosse Bäckereiendichte (wir berichteten). Deshalb sei die Idee von Dr. Oetker ambitioniert, findet Matthias Bachmann, Mitinhaber der Confiserie Bachmann. «Luzern ist wegen der grossen Vielfalt ein sehr hartes Pflaster.» Doch er sagt auch: «Der Markt ist gross genug für alle, und Dr. Oetker traue ich einiges zu. Ich bin sicher, die Firma weiss, wie sie es angehen muss.»
Funktioniert das Konzept?
Ein Fragezeichen setzt Bachmann allerdings hinter Dr. Oetkers Plan, alle Produkte direkt im Café backen zu wollen und nicht etwa in einer separaten Backstube. «Zwar backen auch wir einige Produkte im Café. Doch die ganze Produktion dort zu haben, sehe ich aus Platzgründen und wegen der technischen Anforderungen als schwierig.» Angst vor der zusätzlichen Konkurrenz hat Bachmann nicht: «Die Luzerner wissen, dass wir frisch und in der Stadt produzieren. Deshalb vertrauen uns unsere Kunden.»
Publiziert in der Neuen Luzerner Zeitung am 12. August 2016.
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