Fankultur? Der FCL sagt: Nein!

FCL-Präsident Walter Stierli drohte den Fans mit einem Fahnenverbot. Nach erneutem Fackelzünden in Basel folgen jetzt die Konsequenzen. Dies ist ein herber Einschnitt in die Fankultur.

Der Vorstand des FC Luzern drohte vor zwei Wochen, dass bei erneutem Abbrennen von Feuerwerksgegenständen ein Fahnen-, Doppelhalter-, und Choreoverbot eingeführt würde. Letzten Samstag beim Auswärtsspiel gegen den FC Basel zündeten mehrere Ultras Pyromaterial, welches mit einem Transparent unterstrichen wurde: «Fankultur: Ja oder Nein? – Wir brennen auf den Entscheid», stand in grossen Lettern geschrieben.

Nun hat sich die Vereinsleitung entschieden: Gegen die Fankultur. «Sofortiges Fahnen- und Doppelhalterverbot in den Sektoren B und C6 in der swissporarena», titelte FCL.ch bei der am Donnerstag veröffentlichten Medienmitteilung. Weiter heisst es, dass sich die Fans diese Verbote selbst zuzuschreiben hätten. Bei einem Vergehen gegen das Verbot drohen Stadionverbote.

Meinung des Vorstands: Alle sind kriminell

In dieser Mitteilung wird deutlich, welche Haltung die Verantwortlichen des FCL gegenüber den Fans einnehmen. Fans sind für sie Kriminelle, die es in Schach zu halten gilt. Für Fehlverhalten Einiger werden Alle bestraft. Untermauert wird dies damit, dass der Fanprojektbeitrag um bis zu 25’000 Franken pro Jahr gekürzt wird. Damit wird unter anderem das beliebte Fanlokal «Zone 5» unterstützt.

In der Medienmitteilung wird auch darauf verwiesen, dass Pyormaterial und Knallpetarden nicht zur Fankultur gehöre. Dies mag stimmen. Doch wirft es die Frage auf, warum ausgerechnet positive Elemente der Fankultur verboten werden, anstatt diese zu fördern. Dazu wollte sich FCL-Pressesprecher Stefan Bucher auf Anfrage nicht äussern. Er verwies auf die Medienmitteilung, in der jedoch vieles unbeantwortet bleibt. Immerhin weiss der FCL darum, dass einige Fans verärgert über die Massnahmen sind: «Saisonkarten werden anteilsmässig zurückerstattet», verspricht die Mitteilung.

Die Fans schweigen weiter

Beim Heimspiel gegen GC vor zwei Woche schwieg die Luzerner Kurve. Dies wird auch im letzten Spiel des Jahres gegen Servette der Fall sein, wie der Präsident der United Supporters Luzern, René Schwarzentruber, gegenüber kurzpass.ch bestätigt. Sollten die Fans den Innerschweizer Verein länger nicht mehr akustisch unterstützen, wäre dies – wie man gegen die Grasshoppers feststellen musste – ein herber Verlust. Selbst Fernsehkommentatoren wünschten sich mehr Support: «Jetzt könnte der FCL die Unterstützung seiner Fans brauchen. Aber diese schweigen nach wie vor eisern», meinte der Teleclub- Kommentator beim Stand von 1:0 für die Zürcher. Der FCL gewann zwar, aber nicht wenige Zuschauer im ganzen Stadion werden sich angesichts der tristen Stimmung einen gemütlichen Sofaplausch mit Pay-TV und Popcorn herbeigesehnt haben.

Nach dem Sieg gegen die Hoppers zeigte sich auch Torschütze und Rückkehrer Daniel Gygax gegenüber den Fans verständnisvoll: «Es geht immer um das gleiche, blöde Thema – um diese scheiss Pyros. Ich finde es geil, dass sie solidarisch sind und es das ganze Spiel durchgezogen haben», äusserte sich der Ex- FCZler gegenüber dem lokalen Radio Pilatus.

USL: «Keine Anti-Stierli-Parolen»

Die Dachorganisation der Luzerner Supporter, die United Supporters Luzern, wird die Unterstützung solange verweigern bis die Klubleitung den harten Massnahmeplan zurückzieht. Spiele zu boykottieren sei aktuell kein Thema, betont USL-Präsident René Schwarzentruber. Der letzte Austausch zwischen den Fanclubs und dem FC Luzern fand vor der Partie gegen GC statt. Seit da hat sich in Luzern einiges getan. Laut Schwarzentruber werde man den Kontakt zum Verein aber nicht suchen: «Solange diese Massnahmen in Kraft bleiben, besteht keinerlei Grundlage für einen ernsthaften Dialog.»

Das aktuelle Feindbild der Fankultur, Präsident Walter Stierli, wusste Anfang Saison noch um die Wichtigkeit derer. «Einfach wunderbar diese Fans. Diese Choreo war schlicht und einfach fantastisch», meinte er nach dem ersten Spiel in der neuen Arena. Stierli scheint seine Meinung drastisch geändert zu haben. Auf Anti-Stierli-Parolen wird am Sonntag trotzdem verzichtet, wie der Präsident der USL hervorhebt.

Ohne Fans keine Stimmung

Dem Luzerner Anhang könnte es nach diesem harten und unverhältnismässigen Entscheid nicht verübelt werden, wenn sie dem Verein vorerst den Rücken zukehren würden. Zu sehr werden die Fans als Gesamtes kriminalisiert. Inzwischen wird selbst eine Fahne scheinbar nur noch als Abbrennhilfe betrachtet. Dabei scheint die Klubleitung nicht begriffen zu haben, dass viele Anhänger auch der Stimmung wegen an Spiele gehen – auch solche, die nicht dem harten Kern angehören. Wenn es allen Zuschauer nur um das Schauen guten Fussballs ginge, würden viele davon diesen zuhause geniessen. Die Fans verwandeln ein Fussballspiel in ein Ereignis, machen ihn attraktiv und einzigartig. Selbst dann, wenn die sportliche Leistung der Mannschaft nicht berauschend ist. Um dies festzustellen genügt ein Blick über die Landesgrenze. Beispielsweise zum 1. FC St. Pauli. Dieser hat trotz mässigem sportlichem Erfolg und finanziellen Problemen eine grosse Fangemeinschaft, die St. Pauli zu einer Lebenskultur erklärt.

Seit Jahrzehnten besitzt der FC Luzern trotz des eher mässigen sportlichen Erfolgs eine der spektakulärsten Fankulturen der Schweiz. Dazu gehörten neben Gesängen stets Fahnen und Transparente. Letzteres wird nun verboten, was das Ende der Luzerner Fankultur bedeuten könnte.

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