In der Rückrunde konnte Alain Wiss fast nur trainieren, nun spielt er wieder regelmässig. (Bild: Ralph Ribi)

«Ich war eigentlich schon fast weg»

Alain Wiss (26), der Luzerner in Diensten des FC St. Gallen, hat eine turbulente Zeit hinter sich. Noch beim letzten Aufeinandertreffen mit seinem Ex-Klub FC Luzern sass er nur auf der Tribüne, heute ist er gegen den FCL im St. Galler Team gesetzt.

Alain Wiss, Sie sassen beim FC St. Gallen in der Rück­runde fast nur auf der Ersatzbank, nun sind Sie Stammspieler. Wie kommt das?
Mein Glück war wohl, dass der Trainer wechselte. Joe Zinnbauer hat in der Rückrunde nicht mehr auf mich gesetzt. Der Tiefpunkt war, dass ich beim Spiel in Luzern sogar auf der Tribüne sitzen musste. Als dann Giorgio Contini den FC St. Gallen übernahm, hat er mir sogleich mitgeteilt, dass er auf mich setzen möchte und dass ich in St. Gallen bleiben soll.

Stimmt es, dass Sie wechseln wollten?
Ja, wegen der schwierigen Situation habe ich dem FC St. Gallen mitgeteilt, dass ich im Sommer den Verein verlassen und mir einen neuen Verein suchen werde.

Kam zu diesem Zeitpunkt auch eine Rückkehr zum FCL in Frage?
Nein, das war nie ein Thema. Nach diesem schwierigen halben Jahr habe ich nicht zum FCL zurückkehren wollen. Aber eine Rückkehr nach Luzern schliesse ich sicher nicht aus, das ist im Fussball auch gar nicht möglich.

Kaum hat Contini das Zepter in St. Gallen übernommen, standen Sie in der Startformation. Wie zufrieden waren Sie mit Ihren Leistungen?
Das Gute war, dass ich von Beginn weg das Vertrauen von Contini mit guten Leistungen zurückzahlen konnte. Nun zum Saisonstart steht meine Leistung stellvertretend für die der Mannschaft. Im ersten Spiel in Lausanne war nicht alles gut, die Leistung war durchschnittlich. Beim wegen starken Regens abgebrochenen Spiel in Lugano waren wir sehr schwach. Beim Sieg am Sonntag gegen Sion haben wir nun erstmals eine richtig gute Leistung zeigen können.

Wie ist Ihr Verhältnis zu Contini?
Es ist hochprofessionell, das klassische Verhältnis zwischen einem Trainer und einem Spieler. Ich hatte aber bestimmt den Vorteil, dass er mich noch von Luzern-Zeiten kannte. Er wollte mich im Winter sogar zu Vaduz holen, als er noch dort Trainer war.

Warum wechselten Sie nicht nach Vaduz?
Ich wollte mich damals in St. Gallen durchbeissen und habe das Angebot von Vaduz deshalb ­abgelehnt. Ich kann ja jetzt froh sein, ist mir Contini deswegen nicht mehr böse.

Haben Sie also doch ein anderes Verhältnis zum Trainer als andere Spieler?
Grundsätzlich ist es wirklich ein normales Spieler-Trainer-Verhältnis. Aber gerade am Anfang hat er mit mir sicher sehr viele Gespräche geführt.

Musste er Sie mental auf­bauen?
Ein wenig bestimmt. Es war keine einfache Zeit, als ich ausser Traktanden gefallen war. In dieser Situation war es sehr gut zu hören, dass der Trainer volles Vertrauen in mich hat. Dadurch erhält man natürlich auch mehr Selbstvertrauen.

Bei St. Gallen spielen Sie meistens Innenverteidiger, beim FCL kannte man Sie noch als klassischen Sechser. Was gefällt Ihnen besser?
Ich bin ein ausgebildeter defensiver Mittelfeldspieler. Wenn man es so spielt, wie ich diese Rolle interpretiere, kann man ziemlich problemlos auch in der Innenverteidigung agieren. Dennoch spiele ich lieber im Mittelfeld. Con­tini hat mir auch schon gesagt, dass er mich durchaus auch auf der Sechs sieht. In den letzten Spielen der letzten Saison spielte ich auch dort. Da aber Silvan Hefti verletzt ist, spiele ich im Moment in der Innenverteidigung.

Heute treffen Sie auf den FC Luzern. Welche Verbundenheit haben Sie noch zum FCL?
Ich bin immer noch sehr mit Luzern verbunden. Meine Familie und meine Freundin wohnen dort, und auch mein Freundeskreis ist in Luzern. Ich habe auch noch mit einigen Spielern des FCL Kontakt, am meisten mit Hekuran Kryeziu.

Wie speziell ist es, gegen den FC Luzern anzutreten?
Selbstverständlich ist es immer noch etwas Spezielles. Als ich das allererste Mal gegen den FCL in Luzern spielte, war ich sehr nervös. Inzwischen habe ich mich ein bisschen daran gewöhnt. Aber selbstverständlich freue ich mich sehr auf das Spiel.

 

Zur Person
Der Littauer Alain Wiss kam mit 16 Jahren zu seinem Profidebüt für den FC Luzern. Am 29. Juli 2007 wurde er gegen die Young Boys (2:2) eingewechselt. In der Folge bestritt Wiss 222 Spiele für den FCL (10 Tore). 2012 kam Wiss für die Schweiz zu zwei Länderspielen. Drei Jahre später wechselte er zum FC St. Gallen.

Publiziert in der Luzerner Zeitung und im St. Galler Tagblatt am 9. August 2017.

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