Eine Analyse über die Schweizer Niederlage in Portugal. Die Schweiz müsse in der Barrage nun beweisen, dass sie auch entscheidende Spiele gewinnen kann.
Es hat doch nicht zur direkten Qualifikation gereicht. Neun von zehn WM-Qualifikationsspielen hat die Schweiz gewonnen. Das letzte, gestern Abend in Lissabon, verlor die Nati aber mit 0:2 gegen Portugal. Es ist die eine Niederlage, die bereits reicht, um doch nicht auf direktem Weg nach Russland reisen zu können.
Dabei hatte es lange so gut ausgesehen. Denn auch mit der Niederlage zum Abschluss ist es die erfolgreichste Qualifikation aller Zeiten für eine Schweizer Nationalmannschaft. Diese Entwicklung ist vor allem Trainer Vladimir Petkovic zu verdanken. Ausgerechnet Petkovic. Als er nach der Weltmeisterschaft in Südafrika 2014 die Schweizer Equipe übernahm, wurde er belächelt. Aufgrund seiner mangelnden Deutschkenntnisse, seines Migrationshintergrundes und seiner Reputation im Vergleich zu Welttrainer Ottmar Hitzfeld.
Petkovic wusste nämlich spätestens vor der nun abgeschlossenen Kampagne genau, wo er anzusetzen hat. Er hat eine Mannschaft mit grosser fussballerischer Qualität übernommen, hinzugefügt hat er ihr eine neue, grosse Stärke: den Teamgeist. Gruppenbildungen gehören der Vergangenheit an. Dabei hat es sie viel zu lange gegeben: zuerst Romands und Deutschschweizer, später «echte» und «andere» Schweizer. Der ehemalige Sozialarbeiter Vladimir Petkovic, ein Tessiner mit Migrationshintergrund, schaffte es, aus vielen guten Einzelspielern eine Einheit zu formen.
Doch etwas konnte offenbar auch Petkovic nicht ändern. Wenn ein entscheidendes Spiel für die Schweizer Nationalmannschaft ansteht, versagen die Nerven. Das war 2006 an der WM gegen die Ukraine so; auch 2014 im WM-Achtelfinal gegen Argentinien; ebenfalls 2016 im EM-Achtelfinal gegen Polen.
Dabei ist die Schweiz längst keine kleine Fussballnation mehr. Zur grossen Nation fehlt aber ein «Big Point» in einem entscheidenden Spiel. So wie dies Portugal gestern mit dem 2:0 und in den entscheidenden Momenten der Europameisterschaft 2016 vorgezeigt hat.
Dass auch die Schweiz entscheidende Spiele gewinnen kann, muss sie nun in der Barrage unter Beweis stellen. Trotz toller Qualifikation fängt es dort wieder bei null an. Für den Trainer und das Team wird dieses Duell die bisher grösste Prüfung.
Publiziert auf der Frontseite der Luzerner Zeitung am 11. Oktober 2017.