Jeder bäckt seine eigenen Brötchen

Vier grosse Läden prägen den Standort Luzern. Ihr Weg zum Erfolg ist höchst unterschiedlich.

Im Detailhandel ist es meist klar: Man ist ein Coopkind oder ein Migroskind. Ein ähnliches Phänomen gibt es in Luzern bei den Bäckereien. Entweder man mag die Confiserie Bachmann, die grösste in der Stadt, oder mag man sie nicht. Mit ihrem immensen Wachstum in den letzten Jahren polarisiert sie.

Die Zahl der Bachmann-Fachgeschäfte ist in den letzten elf Jahren um sieben Standorte gewachsen – zudem sind die Läden einiges grösser geworden als früher. «Wir konnten stetig wachsen, dabei haben wir das nicht einmal besonders gesucht», sagt Inhaber und Geschäftsführer Raphael Bachmann. Das Wachstum liege auch daran, dass Bachmann innovativ und mutig sei. So etwa mit einer Schokoladenwand im Geschäft am Schwanenplatz (Ausgabe vom 12. Juli). Mit solchen und ähnlichen Aktionen kann Bachmann auch bei Touristen trumpfen: Gerade im Sommer sind sie eine grosse Kundengruppe der Confiserie.

Rosaroter Riese ist überall

In der Innenstadt findet man den rosa Riesen fast an jeder Ecke: Allein im Bahnhof Luzern ist er dreimal vertreten. Insgesamt hat Bachmann in der Stadt Luzern 10 Fachgeschäfte, sofern man die eigenständigen Konzepte «La vie en rose» und «Pizza Pasta Panini» dazuzählt. Damit hat Bachmann mehr als doppelt so viele Filialen wie seine ersten Verfolger Heini und Macchi (siehe Tabelle). «Wir wissen, dass wir auch wegen des Wachstums ungewollt polarisieren», sagt Bachmann. «Doch wir haben nie eine andere Bäckerei aufgekauft und uns das Wachstum anhand der Marktbedürfnisse selber erarbeitet.» Neider und Skeptiker gibt es dennoch. «Viele Kunden schätzen uns aber auch als Stadtluzerner Familientradition.» Im nächsten Jahr feiert Bachmann sein 120-Jahr-Jubiläum.

Zu den Stadtluzerner Standorten kommen sieben in Einkaufszentren hinzu, darunter etwa im Shoppingcenter Sihlcity in Zürich und im Einkaufszentrum Tivoli im aargauischen Spreitenbach. «Gerade der Markt in Zürich ist für uns sehr interessant», sagt Bachmann. Kapazität, um noch mehr Produkte herzustellen und damit noch mehr Arbeitsplätze zu schaffen, sei in der Bäckerstube im Tribschen noch vorhanden. «Doch unser Wachstum ist endlich. Wir können uns nicht nochmals verdoppeln», sagt Raphael Bachmann. Heute beschäftigt Bachmann rund 500 Mitarbeiter, darunter 45 Lehrlinge.

«Ist ein Vorzeigebetrieb»

Bei der Konkurrenz gibt es Lob für die Arbeit von Bachmann. «Es ist ein Vorzeigebetrieb», sagt etwa Paul Philipp Hug, Präsident des Verwaltungsrates der Bäckerei Hug. «Bachmann hat die frequenzstarken Plätze früh erkannt und gut besetzt. Und gute Standorte sind in unserer Branche entscheidend.» Anders als Bachmann profiliert sich Hug nicht als Confiserie, sondern als Bäckerei. «Unsere feinen Backwaren zeichnen uns aus und nicht Schokolade-Artikel. Eine Schoggi-Wand wird man deshalb in einer Filiale von uns nicht finden», sagt Hug. Das Herz der Hug-Gruppe ist der Produktionsbetrieb, der an Grossverteiler und industrielle Produzenten liefert. Zudem hat man in den letzten Jahren das Filialnetz in ein separates Unternehmen ausgelagert und neu strukturiert. Hug ist neben Bachmann die einzige Luzerner Bäckerei, die auch in Zürich vertreten ist. «Zürich ist sicher sehr lukrativ», sagt Hug. Mit seinen Filialen möchte Hug auf der Strecke zwischen Luzern und Zürich präsent sein, so ist man auch etwa in Zug vertreten.

Bei Kunden polarisiert das Wachstum des rosaroten Bachmanns. Anders sehe dies unter den Bäckereien selber aus, sagt Hug. «Das Verhältnis zwischen den Bäckereien ist sehr gut. Wir können als Bäckerei ebenfalls von diesem Erfolg profitieren, da gute Bäckereien das Image unserer Branche verbessern.»

Während Bachmann auch stark auf Touristen setzt, richten sich die anderen Bäckereien hauptsächlich auf einheimische Kunden aus. So etwa Heini, die Bäckerei mit den meisten Cafés in der Stadt. «Wir sind zu 100 Prozent auf die einheimische Bevölkerung ausgerichtet», sagt Bruno Heini. «Fremdsprachenkenntnisse bei den Angestellten sind bei uns weniger wichtig, entscheidend ist für uns dagegen die Freundlichkeit.»

Heini setzt auf Cafés

Heini ist eine traditionelle Bäckerei und Konditorei. Man mache nicht jeden Trend mit: «Bei uns sollen die Kunden wissen, was sie erhalten», so Bruno Heini. Jede Bäckerei von Heini hat auch einen Gastrobereich. Dieser soll eine Wohlfühloase sein – deshalb setzt man dort anders als die meisten nicht auf Selbstbedienung. «Wir wollen, dass man sich bei uns ein bisschen entspannen kann», so Bruno Heini. «Deshalb gibt es bei uns auch kein WLAN, dafür umso mehr analoge Zeitungen.» Man soll sich hinsetzen können, einen Kaffee trinken, eine Torte essen und ein bisschen Zeitung lesen oder Gespräche führen. Damit unterscheide man sich von den oft hektischen Bäckereien, die als Take-away-Läden funktionieren.

Dadurch, dass Heini immer auch auf Cafés setzt, braucht es einen gewissen Flächenbedarf – deutlich mehr als bei den Mitbewerbern. Auch deshalb stagniert das Wachstum in den letzten Jahren. Seit 2004, als Heini die Konditorei Treichler in Zug übernahm, ist keine Filiale mehr hinzugekommen. Bis 2002 hatte Heini sein Filialnetz in der Stadt Luzern auf vier erhöht.

Heini setzt neben viel Tradition vor allem auch auf Spezialitäten. Er hat 50 Marken reserviert – darunter etwa die «Lozärner Rägetröpfli» oder die Brote Schwarzer Peter und Schneewittchen. «Wir wollen uns mit allem ein bisschen abheben», sagt Heini. «Möglichst bei allen Angeboten soll man etwas mehr kriegen als anderswo.»

Macchi will preisgünstig sein

Ebenfalls vier Filialen in der Stadt hat die Bäckerei Macchi. Ihre Strategie ist klar: Jeder soll ein und aus gehen können, sagt der ehemalige Geschäftsführer Fritz Mettler. «Viele unserer Kunden sind Schüler oder Studenten.» Dies liegt auch an den Lagen der Filialen, die sich oft in unmittelbarer Nähe von Schulen befinden. Deshalb versuche man, auch eher preisgünstige Produkte anzubieten. «Es soll für jeden etwas geben, auch wenn er nicht das ganz dicke Portemonnaie hat», so Mettler. Die Rohmaterialkosten seien nicht mehr der grösste Kostenfaktor, so wie es früher der Fall gewesen ist. Darum können bei der Verarbeitung bessere Rohstoffe, etwa Butter, mit höherer Qualität verarbeitet werden. Entscheidend seien heute etwa eher die Mietpreise.

Genuss – damit will Macchi seine Kunden überzeugen. Seit einigen Jahren bäckt Macchi wieder wie zu Gründungszeiten und ganz ohne Chemie. Die Kunden danken es mit mehr Einkäufen. «Anfang der 90er-Jahre hatten wir noch Bedenken, dass wir von den Grossdetaillisten beim Brotverkauf verdrängt werden könnten. Das hat sich aber wohl auch dank unseres guten Brotes nicht so entwickelt», so Mettler.

Macchi wurde in den letzten Jahren immer grösser, gemäss Mettler konnte der Umsatz seit 1987 verfünffacht werden. Grund für den Erfolg sei auch das Take-away-Angebot. «Über 50 Prozent unseres Umsatzes machen wir heute damit», so Mettler. Dazu gehört neben Salaten und Sandwiches jeden Tag auch ein anderes warmes Menü. «Das kommt bei unseren Kunden sehr gut an», sagt Fritz Mettler.

Einzelbäcker haben es schwer

Eine negative Entwicklung gab es hingegen für die kleineren Bäckereien. So musste letzten Monat die Bäckerei Rüegg an der Weggismattstrasse schliessen. Dasselbe Schicksal ereilte vor einem Jahr die Bäckerei Spiekermann in Kriens (wir berichteten). Diese Entwicklung sei wenig überraschend, sagen die befragten Grossbäcker. «Die Fixkosten sind automatisch tiefer, wenn man mehrere Filialen beliefern kann. Einzelunternehmen haben es da schwerer», sagt etwa Fritz Mettler von Macchi. Und Paul Philipp Hug ergänzt: «Heute gibt es entweder Einzelbäckereien oder dann gleich solche mit mehreren Filialen.» So mache es etwa wenig Sinn, zwei Filialen zu haben, da der Aufwand im Verhältnis deutlich grösser wäre als mit einer oder gleich mehreren Filialen.

Für die Bäckereien sei es in den letzten Jahren aber gut gelaufen, sind die Grossbäcker überzeugt. «Die Essgewohnheiten haben sich zu Gunsten unserer Branche entwickelt. Take-away etwa ist immer gefragter», sagt Raphael Bachmann. Auch deshalb werden die Luzerner Bäcker immer grösser und erfolgreicher.

Publiziert in der Neuen Luzerner Zeitung am 25. Juli 2016.

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