Letzter Blick auf die Ruinen

Während der Abrissarbeiten wird die ABL-Siedlung Himmelrich 3 weiterhin zwischengenutzt. Davon profitiert auch die Polizei.

Riesige Bagger zerstückeln aktuell die Siedlung Himmelrich 3 zwischen dem Bundesplatz und dem Paulusplatz. Die Allgemeine Baugenossenschaft Luzern (ABL) realisiert dort für 170 Millionen Franken einen Neubau mit Wohnungen, Läden und Dienstleistungsbetrieben.

Wer denkt, der Abriss dauere nur wenige Tage, irrt. Seit Anfang Oktober werden die drei Häuserreihen einzeln und aufwendig zurückgebaut. Zwei davon stehen aktuell nur noch zur Hälfte. Ende April dürften die Rückbauarbeiten der aktuell grössten Stadtluzerner Baustelle abgeschlossen sein. «Das Material wird alles strikt getrennt, damit es danach einzeln entsorgt werden kann», sagt Franz Studer, Bauleiter der ABL. Insgesamt sind 1200 bis 1500 Lastwagenfahrten nötig, um den ganzen Schutt von der Baustelle abzutransportieren. Das Material kann im Strassenbau oder als Dämmmaterial rezykliert werden. Holz wird verbrannt und Glas geschmolzen. «Alles, was man irgendwie wiederverwenden kann, soll wiederverwendet werden», erklärt Studer.

Warmer Winter hilft den Arbeiten

Die Rückbauarbeiten seien absolut im Plan, sagt Franz Studer. Grund dafür ist auch der warme Winter. «Im Dezember mussten wir noch die nötige Asbestsanierung durchführen und waren deshalb auf Wasser angewiesen. Bei kälteren Temperaturen hätte dieses gefrieren können, was die ganze Angelegenheit schwieriger gemacht hätte.» Ob es jetzt kälter werde oder nicht, spiele für die Bauarbeiten keine Rolle mehr, da diese Arbeiten abgeschlossen seien.

Mehrere Bagger sind für den Rückbau der Häuser im Einsatz. Auf der Riesenbaustelle arbeiten aktuell jeweils nur sechs bis acht Bauarbeiter. «90 Prozent der Arbeit ist Maschinenarbeit», sagt Studer dazu.

Kisten aus 2. Weltkrieg gefunden

Die Häuserreihen stammen noch aus den 1930er-Jahren. Hat die ABL beim Rückbau des Gebäudes nun spezielle Funde aus dieser Zeit gemacht? «In mehreren Estrichen wurden grosse Holzkisten, gefüllt mit Sand, gefunden», sagt Studer. «Diese Kisten stammen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Der Sand wurde für den Fall eines möglichen Bombeneinschlags dort gelagert, um den Brand zu löschen.» Die Kisten wurden an Interessierte verschenkt, der Sand inzwischen weggeschüttet.

Rund 60 Parkplätze der Siedlung müssen gemäss Vorschrift der Stadt auch während der Bauarbeiten in Betrieb bleiben. Das führt dazu, dass sich unterhalb von Häusern, die momentan abgerissen werden, noch immer Parkplätze befinden. «Das ist zwar in der Garage laut, aber total ungefährlich», versichert der Bauleiter. Für die rund 250 neuen Wohnungen und die geplante Gewerbefläche werden in Tiefgaragen dereinst insgesamt 231 Parkplätze gebaut.

Das Himmelrich erlebte vor dem Abriss eine Zwischennutzung durch das Kulturprojekt «Zwischenrich», in dessen Rahmen rund 50 Wohnungen in Ateliers und Gastrobetriebe umgestaltet wurden. Auch jetzt, in der Zeit des Abrisses, findet die Siedlung noch neue Zwischenverwendungen. Die Feuerwehr führte darin Übungen durch, ebenso die Sondereinheit der Polizei. So gibt es in den Liftschächten und den Fenstern heute sogar Einschusslöcher. «Die Polizisten konnten darin für den Ernstfall proben», erklärt Studer.

War das nicht gefährlich? «Natürlich wurden die Übungen am Wochenende durchgeführt. Also dann, wenn niemand auf der Baustelle war.» Weiter üben auch Suchhunde für Verschüttete auf der Baustelle. «Diese heutige Landschaft ist natürlich ideal dafür, eine Suche nach Verschütteten zu simulieren», so Studer. «Es ist schon unglaublich, wie alles mehrere Verwendungen finden kann.»

Publiziert in der Neuen Luzerner Zeitung am 14. Januar 2016.

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