Hat derzeit gut lachen: Volleyballtrainerein Lauren Bertolacci ist mit ihrem Team auf Erfolgskurs. (Bild: Philipp Schmidli, Luzerner Zeitung)

Mit mentaler Stärke zum Erfolg

Das tiefste Budget, das zweitjüngste Team und die kleinsten Spieler: In der Nationalliga A zählt das Luzerner
Männer-Volleyball-Team nicht zu den Grossen. Dennoch spielt Luzern vorne mit – auch dank der einzigen Trainerin der Liga.

Lauren Berto­lacci (31) wirkt eher ernst, fokussiert – nur selten lächelt sie. Momentan hat die Trainerin des Luzerner Männer-Volleyball-Teams aber gut lachen: Ihr Team liegt in der Nationalliga A auf dem zweiten Platz. Letzte Saison war das Team noch auf dem achten Rang klassiert – die jetzige Platzierung kommt überraschend. Besonders auch deshalb, weil mit Captain Noah Eichenberger der eigent­liche Star des Teams bisher verletzt fehlte.

«Nur Glück ist dieser Erfolg nicht», sagt Lauren Bertolacci. Die einzige Trainerin der Nationalliga A ist überzeugt, dass die mentale Stärke in vielen Spielen den Unterschied ausmacht. «Und in dieser Beziehung ist mein Team sehr stark, der Teamgeist ist sensationell, und es geben alle Spieler in jedem Spiel immer Vollgas.» In der ausgeglichenen NLA sei dies der kleine, aber feine Unterschied für den Erfolg der Luzerner Equipe. Und Bertolaccis Motto ist einfach, aber erfolgreich: «Ein Spieler ist so stark, wie er sich selber fühlt.» Diese Mentalität haben die Spieler verinnerlicht: «Sie wissen genau, dass sie zu vielem fähig sind – und das motiviert zusätzlich. Deshalb können sie im entscheidenden Moment nochmals einen Zacken zulegen», weiss die australisch-italienische Doppelbürgerin.

Reifer und spielerisch stärker geworden

Dennoch warnt die Trainerin: «Wir gewinnen unsere Spiele immer knapp. Deshalb reicht es nicht zum Sieg, wenn wir nur ein bisschen nachlassen. Wir müssen in Zukunft weiterhin Spiel für Spiel nehmen und alles geben.» Neben dem mentalen Bereich ist das Team im Vergleich zur ersten NLA-Saison reifer und spielerisch stärker geworden. «In der zweiten Saison ist vieles anders. Für meine Spieler ist nicht mehr alles Neuland, vieles hat man im ersten Jahr schon durchlebt», sagt Bertolacci. Zudem konnten Transfers getätigt werden, die das Team stabilisierten und verstärkten. Neu mit dabei sind Luca Müller (Schönenwerd), Tim Häfelfinger (Gelterkinden), Ben Henseler (Einsiedeln) sowie Gerrard Lipscombe (Grand Canyon University). Letzterer ist australisch-tschechischer Doppelbürger und einziger Nicht-Schweizer im Kader der Luzerner.

Viele andere NLA-Teamssetzen auf mehrere Ausländer. «Unsere Konkurrenten verfügen teilweise über viel mehr Geld als wir und können deshalb auch Profispieler verpflichten. Unser Fokus ist auf junge Schweizer Spieler ausgerichtet – und diese auch zu fördern», sagt Lauren Bertolacci, die alle Transfers selber tätigt. Luzern verfügt über das tiefste Budget der Liga und stellt mit einem Durchschnittsalter von 23,3 Jahren hinter Jona das zweitjüngste Team der gesamten Liga. Ausserdem sei das Team dasjenige mit den kleinsten Spielern, sagt Berto­lacci. «Manchmal denke ich, wenn die Gegner sich einspielen: Die sind ja riesig. Auf dem Feld sieht man den Unterschied dann aber oft nicht mehr.»

Bertolacci spielte beim Frauen-Team

Dass Lauren Bertolacci Trainerin bei den Männern wurde, war ein Zufall. Die ehemalige australische Nationalspielerin verstärkte ab 2013 das Frauen-Team – und sie suchte eine zusätzliche Beschäftigung im Volleyball. So erhielt sie das Angebot, das Männerteam zu trainieren, welches damals vor der ersten NLB-Saison stand. «Zuerst dachte ich: Sind die verrückt? Ich habe noch nie ein Team auf diesem Niveau trainiert und schon gar nicht ein Männer-Team.» Erst nach längerer Bedenkzeit habe sie zugesagt. Eine Entscheidung, die sie nie bereut habe. Zwei Saisons später hat sie die eigene Spielerkarriere beendet.

Der Erfolg stellte sich schnell ein: Im ersten Jahr spielte das Team bereits an der Spitze mit, im Jahr darauf folgte der NLA-Aufstieg. Letze Saison wurde derLigaerhalt geschafft, und derzeit spielen die Luzerner sogar vorne mit. Was ist das Erfolgsrezept der jungen Trainerin? «Ich war mit einer Körpergrösse von 1,70 Metern eine kleine Spielerin. Deshalb musste ich mich immer durchkämpfen, habe aber nie aufge­geben. Genauso ergeht es mir auch als Trainerin. Dieses Denken möchte ich den Spielern vermitteln.» Auch lassen Bertolacci kritische Voten über sie als Trainerin kalt. «Es gibt schon dumme oder sexistische Sprüche. Doch die sind mir egal, mein Geschlecht im Team und im Verein war nie ein Problem.» Und auch, dass Ber­tolacci ausschliesslich Englisch spricht, ist kein Problem. «Missverständnisse gibt es nicht, ist die Sportlersprache doch oft einfach.»

Die Formkurve der Luzerner zeigt kontinuierlich nach oben. Wohin führt die Reise in dieser Saison? «Das Ziel sind die Top 6. Ich denke aber, dass die Halb­finals auch möglich sein sollten», ist Bertolacci überzeugt. Oder reicht es sogar zum Titel? «Warum eigentlich nicht?», meint Bertolacci mit einem Schmunzeln.
Publiziert in der Zentralschweiz am Sonntag am 20. November 2016. 

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