Die Nachtbusse zählen weniger Fahrgäste (PD).

Nachtschwärmer meiden die Busse

Sparmassnahmen haben bereits zwei Nachtstern-Linien gekostet. Die Statistik zeigt nun: Immer weniger nehmen den Nachtbus für ihren Heimweg.

Die Nachtbuslinie N7 nach Adligenswil, Udligenswil und Meierskappel wird eingestellt. Grund dafür ist eine Sparmassnahme der Gemeinde Adligenswil. Dagegen sammeln die Jungsozialisten in einer Petition Unterschriften. Die Linie ist die zweite nach dem Nachtstern N9 nach Nidwalden, die wegen Sparmassnahmen gestrichen wird.

Ein Blick auf die Statistik zeigt, dass die Nachtschwärmer immer seltener auf das Angebot zurückgreifen. Haben die Nachtbusse ab Luzern 2010 noch fast 135 000 Gäste transportiert, waren es im letzten Jahr noch 107 045.

Nachtstern

Viele steigen auf das Taxi um

Die Nachtbusse fahren jeweils Freitag- und Samstagnacht zwischen 1 und 4 Uhr. Nach der Einstellung der Linie 7 im Dezember wird es künftig noch elf Nachtstern-Linien geben. Ein weiterer Abbau sei im Moment nicht geplant, heisst es bei der Postauto AG. Sie betreibt zusammen mit der VBL, der Zentralbahn, der Auto AG Schwyz, der Rottal Auto AG und der Auto AG Rothenburg den Nachtstern. Beat Wiget, Leiter Zentralschweiz der Postauto AG, sagt zum Rückgang der Fahrgastfrequenzen: «Vielleicht hat sich das Ausgangsverhalten der Jungen geändert.» Immer häufiger falle die Wahl für den Nachhauseweg auf Taxi oder Velo. «Wenn man zu dritt oder zu viert ist, lohnt sich ein Taxi teilweise gerade bei kürzeren Fahrten finanziell», so Wiget. Die Statistik zeigt denn auch, dass die Nachtbusse mit längeren Strecken besser ausgelastet sind: Spitzenreiter ist der Nachtbus der Linie N6 in Richtung Sursee. Diese hat pro Jahr rund 13 000 Fahrgäste. Ebenfalls gut gefüllt ist die Buslinie N11 nach Willisau.

Dass der Nachtbus besonders für längere Strecken finanziell attraktiv ist, zeigt ein Rechenbeispiel: Vier Surseer Jugendliche wollen von Luzern nach Hause fahren. Mit dem Nachtbus kostet dies total 40 Franken, mit dem Taxi rund 100 Franken. Anders sieht dies in der Agglomeration Luzern aus. Nach Emmen, Ebikon oder Adligenswil kostet der Nachtbus für vier Personen 28 Franken. Das ist kaum günstiger als ein Taxi, welches erst noch zeitlich flexibler ist. Beim Taxiunternehmen Ernst Hess heisst es allerdings auf Anfrage, man spüre keinen Unterschied zu früher. Möglicherweise würden die Nachtschwärmer auch vermehrt den ersten fahrplanmässigen Zug oder Bus nehmen – diese fahren meist etwa ab 5 Uhr morgens.

Tarife wurden erhöht

Dass die Nachtstern-Zahlen seit Jahren sinken, könnte auch mit der Tariferhöhung von 2009 zu tun haben. Zahlte man vorher für eine Fahrt in die Agglomeration 5 Franken, sind es heute 7 Franken. Für weiter entfernte Ziele kostet das Billett 10 Franken. Die Tariferhöhung wurde nötig, weil die Sicherheitsvorkehrungen (etwa Securitas) erhöht werden mussten.

Die Nachtbusse werden je zur Hälfte durch die Gemeinden und die Passagiere finanziert. Das finanzielle Risiko liegt dabei bei den Verkehrsbetrieben. Die Postauto AG schreibe mit den Nachtbusangeboten eine «schwarze Null», sagt Wiget. «Solange die Gemeinden ihre Beiträge bezahlen, ist es möglich, die Nachtbuslinien weiter zu betreiben.» Falls eine Gemeinde aussteigt, wie zuletzt Adligenswil, müsse man über die Bücher. «Wenn eine der ersten Gemeinden auf der Linie aussteigt, ist es ein Problem», erklärt Wiget. «Bei der hintersten Gemeinde können einfacher die letzten Minuten Fahrt gestrichen werden.»

Auch Buchrain muss sparen. Eine Streichung des Beitrags an die Nachtbuslinie N 3 ist aber momentan nicht vorgesehen, sagt Gemeinderat Heinz Amstad. «Wir sind überzeugt, dass der Nachtbus ein gutes Angebot für Jugendliche und junge Erwachsene ist.» Buchrain bezahlt jährlich rund 2700 Franken an die Nachtbuslinien. Doch der Beitrag ist nicht unumstritten: «Wenn das Budget 2016 abgelehnt würde, müssten wir weitere unpopuläre Massnahmen fällen. Darunter fällt auch die Streichung des Nachtbusses», so Amstad.

Zu den sinkenden Zahlen sagt Christian Bertschi, Mediensprecher der VBL: «Die Zahlen sind weiterhin hoch.» Das sehe man jedes Wochenende. Auch die VBL schreiben mit dem Nachtstern eine schwarze Null und keinen Gewinn.

Sicherheit darf etwas kosten

Bertschi sagt: «Wenn man die Frage stellt, ob sich das Nachtstern-Angebot lohnt, darf dies nicht nur eine finanzielle Frage sein.» Das Angebot habe man im Jahr 2000 aufgebaut, um jungen Menschen nach dem Ausgang eine sichere Heimkehr zu ermöglichen. «Kurz vor der Einführung des Nachtsterns gab es auch in unserer Region mehrere schwere Verkehrsunfälle, als Nachtschwärmer auf dem Heimweg waren», sagt Bertschi. Erst kürzlich passierte im aargauischen Rheinfelden ein schwerer Unfall mit fünf Todesopfern und zwei Verletzten. «Die Sicherheit der Bewohner sollte auch den Gemeinden be­ziehungsweise der Allgemeinheit etwas wert sein», appelliert Bertschi. Beat Wiget sagt: «Ich denke nicht, dass das Angebot verschwinden wird. Wahrscheinlich wird es sich beim heutigen Stand einpendeln.» Er ist sich sicher: «Das Bedürfnis von Nachtschwärmern ist nach wie vor vor­handen.»

Publiziert in der Neuen Luzerner Zeitung am 9. Oktober 2015.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.