Bisher hat FCL-Talent Filip Ugrinic geschwiegen. Im Trainingslager spricht der 18-Jährige exklusiv über seine Nervosität und über das Gefühl, bereits als Millionen-Transfer gehandelt zu werden.
Filip Ugrinic, bisher mussten Sie schweigen. War es schwer für Sie, Dinge über sich zu lesen, ohne Stellung nehmen zu können?
Nein, ich bin sowieso eher ein ruhiger Typ, der nicht gerne im Mittelpunkt steht. Deshalb habe ich auch nicht alles gelesen, was über mich geschrieben wurde.
Bereits nach ihrem Debüt gegen den FC Basel im Oktober wurden Sie in den Himmel gelobt. Man spricht bereits vom ersten Millionenverkauf eines Talents seit Fabian Lustenberger. Wie gehen Sie damit um?
Ich habe ein Umfeld, das schon schaut, dass ich auf dem Boden bleibe. Es wäre auch falsch, jetzt schon das Gefühl zu haben, ein Star zu sein. Ich bin noch neu in der Mannschaft und sehr jung. Und wenn ich schon so gut wäre, dann würde ich in jedem Spiel von Beginn an spielen. Dem ist aber nicht so.
Dennoch überzeugten Sie bei Ihren Einsätzen. Spannend war insbesondere zu sehen, welche Ruhe Sie auf dem Platz ausstrahlen. Sind Sie denn gar nicht nervös?
Dass ich so ruhig geblieben bin, hat mich selber sehr überrascht. Als mich Trainer Markus Babbel bei meinem Debüt in Basel zum Einlaufen schickte, war ich schon sehr nervös. Es ist etwas anderes, plötzlich in einem so grossen Stadion aufzulaufen, als in der 1. Liga zu spielen. Während des Aufwärmens habe ich das aber ausgeblendet, habe mich aufs Spiel fokussiert und wollte nur noch eingewechselt werden. Und auf dem Feld habe ich es sehr genossen. Ich bin für jede Minute dankbar, die ich spielen darf.
Davor haben Sie in der Vorrunde in der U21 gespielt. Wie gross ist der Unterschied von der 1. Liga zur Super League?
Es ist nochmals was ganz anderes. Hier ist es viel schneller und physischer. Damit man es packt, muss man aber vor allem im Kopf bereit sein. Es hängt viel vom Willen ab. Und mein Wille, an mir weiter zu arbeiten, ist gross.
Sie spielen nicht nur für den FC Luzern Fussball, sondern arbeiten auch noch auf der FCL-Geschäftsstelle als Praktikant. Zudem besuchen Sie die Frei’s Schule. Wie bringen Sie das alles unter einen Hut?
Ich absolviere das vierjährige Sportler-KV in der Pilatus Akademie. Vieles ist optimal darauf ausgerichtet, dass ich trainieren kann. Wenn ich auf der Geschäftsstelle arbeite, darf ich eigentlich immer ins Training. Dafür arbeite ich an den fussballfreien Tagen jeweils etwa eine Stunde länger. Bei der Schule versuchen wir nun, eine passende Lösung zu finden. Vielleicht muss ich jeweils Schulstoff nachholen und kann dafür am Training teilnehmen. Das Ziel ist es, möglichst viele Trainings mit der Mannschaft absolvieren zu können. Klar ist auch: Ich habe weniger Freizeit als die meisten meiner Teamkollegen.
Wurden Sie nach Ihren Leistungen auf dem Platz auf der Geschäftsstelle anders behandelt als zuvor?
Nein. Natürlich haben mir alle zu den Leistungen und zu den Einsätzen gratuliert. Aber sie kennen mich gut genug, um zu wissen, dass ich nicht gerne im Mittelpunkt stehe und daher nicht zu fest gelobt werden möchte. Ich suche den Ruhm nicht, sondern will weiter an mir arbeiten.
Viele Schweizer Fussballer wechselten früh ins Ausland – bei einigen ging der Plan auf, bei vielen nicht. Was machen Sie, wenn Ihnen morgen ein Bundesligist ein Angebot unterbreitet?
Bevor ich irgendwohin wechsle, will ich mich zuerst in der Super League durchsetzen und meine Ausbildung, die bis im Sommer 2018 dauert, abschliessen.
Danach ist das Ausland aber schon das grosse Ziel?
Natürlich will ich einmal in einer grossen Liga spielen. Etwa die englische Premier League würde mich sehr reizen. Das physische Spiel könnte mir entgegenkommen. Zudem ist die Begeisterung für den Fussball in England gewaltig.
Nun befinden wir uns im Trainingslager in Estepona. Wie sehen Ihre kurzfristigen Ziele für die Rückrunde aus?
Das Ziel ist es, vor allem Erfahrungen zu sammeln und Spielpraxis zu kriegen. Natürlich würde ich zu einem Stammplatz nie Nein sagen, aber ich weiss, dass die Konkurrenz auf meiner Position sehr gross ist.
Sie sprechen es an: Neben Ihnen spielen etwa Hekuran Kryeziu (23), Nicolas Haas (20) und Markus Neumayr (30) im zentralen Mittelfeld. Warum soll Trainer Markus Babbel auf Sie setzen?
Ich glaube, dass ich noch viel Potenzial habe. In jedem Training kann ich von meinen Mitspielern viel abschauen. Markus Neumayr schlägt beispielsweise die genausten Bälle, die ich je gesehen habe. Und Hekuran Kryeziu ist physisch sehr präsent und gewinnt viele Zweikämpfe. Davon, dass ich mit so guten Spielern zusammenspiele, kann ich profitieren. Ich bin der Mannschaft sehr dankbar, dass sie mich so gut aufgenommen hat. Manchmal kann ich es kaum glauben, dass ich das Glück habe, in dem Team zu spielen, das ich früher im Stadion bewundert habe.
Sie waren also ein regelmässiger Stadiongänger?
Ja, zusammen mit Freunden haben wir Saisonkarten auf den Sitzplätzen hinter dem Tor. Meine Freunde sitzen nun immer noch dort, meine Familie schaut alle Spiele im Fernsehen.
Wenn wir den Horizont nochmals öffnen wollen: Wo spielt Filip Ugrinic in fünf Jahren?
Dann bin ich 23-jährig. Ich hoffe, dass ich dann Stammspieler beim FC Luzern bin – und vielleicht auf dem Sprung ins Ausland.