Ein Mann hebt die Hand, um sein Gebot für ein Kickboard abzugeben (Bild Boris Bürgisser, Neue Luzerner Zeitung)

Schnäppchenjäger bieten um die Wette

Im Gantlokal werden auch Gegenstände aus dem Fundbüro an den Meistbietenden verhökert. Die Auswahl reicht vom Kickboard bis zum Rollator.

Der Kanton will das Fundbüro der Luzerner Polizei wegsparen. Dabei ist das Fundbüro so beliebt wie noch nie: Es werden Jahr für Jahr mehr Gegenstände abgegeben (Hier gibts mehr dazu). Rund die Hälfte der Gegenstände wird von ihren eigentlichen Besitzern allerdings nicht abgeholt.

Deshalb finden in diesen Tagen einige Gegenstände ein neues Zuhause. Im Gantlokal an der Bruchstrasse werden Gegenstände vom Fundbüro sowie vom städtischen Betreibungsamt, Teilungsamt und Konkursamt versteigert. Pro Jahr finden zwei bis vier Versteigerungen statt. Mindestens 500 Gegenstände kommen dabei jeweils unter den Hammer.

300 Franken für einen Teppich

Mit einer kleinen Verspätung beginnt fünf Minuten nach neun Uhr die Versteigerung. Rund 50 Personen haben sich im altehrwürdigen Gantlokal einge­funden, sie sitzen in ihren Jacken auf den unterschiedlichen Stühlen, denn geheizt wird der alte Raum kaum. An den Wänden stehen Tische, Schränke, Regale und Kommoden. In der Mitte des Raums hängen verschiedene Kronleuchter und Deckenlampen. Im ganzen Raum verteilen sich auch Bilder und Spielsachen. Alles soll einen neuen Besitzer finden.

Für die ersten zwei Gegenstände will noch niemand bieten. Dann gehts aber los: 1 Franken für eine Schreibtischlampe, 10 Franken für einen Kronleuchter, eine Drohne für 40 Franken, 12 Franken für ein Kickboard und 4 Franken für ein Piraten-Spiel-Set. Auch ein Rollator kommt unter den Hammer. Einige der Bieter nicken nur unmerklich, wenn sie bieten möchten. Andere erheben die Hand, weitere sagen die nächsthöhere Zahl. Bis am Mittag werden rund 100 Gegenstände versteigert. Am meisten bringt ein Teppich ein: Der neue Besitzer bezahlt für ihn 300 Franken – selbstverständlich mit Bargeld. «Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten, verkauft!», sagt dann Nico Barth, Pfändungsbeamter des Betreibungsamtes der Stadt Luzern und seit einem Jahr Gantleiter. Er ist zuständig für die zweitägige Versteigerung und moderiert diese auch. «An dieser Versteigerung rechnen wir mit Einnahmen bis zu 15 000 Franken», so Barth.

Es hat fast alles in der Sammlung: auch Uhren und Schmuck, die gestern Vormittag noch nicht an der Reihe waren. Wie viel war das Teuerste, was Barth je versteigert hat? «Ich habe einmal eine wertvolle Rolex-Uhr versteigert. Da haben sich die Bieter lange hochgeboten, was auch eine Weile dauern kann. Schlussendlich war der Preis für die Uhr bei 5000 bis 6000 Franken», so Nico Barth.

«Für mich ist es wie eine Chilbi»

Fast an jeder Versteigerung mit dabei ist Maria Huser (58) aus Buchrain. «Wenn ich einmal nicht dabei sein kann, ist es für mich eine Strafe», sagt sie. Die Gegenstände, die sie erwirbt, seien hauptsächlich für ihre Familie. «Und wenn man es nicht brauchen kann, verschenke ich es. Irgendjemand hat daran immer Freude.» Heute hat sie ein Kickboard und klassische Strassentöggel erworben. «Damit können meine Enkel im Sandkasten oder auf der Strasse spielen», sagt Maria Huser und lächelt. Ihr macht die Versteigerung sichtlich Spass. «Für mich ist das hier wie eine Chilbi. Um einzukaufen, gehe ich lieber an Versteigerungen oder an Flohmärkte als in die Stadt.» Ihre grösste Errungenschaft war eine grosse Kartonkiste, die sie für 1 Franken erworben hatte. «Darin hatte es alles Mögliche: Spielsachen, teilweise noch eingepackt. Diese haben sehr vielen Freude bereitet, und das für nur einen einzigen Franken», sagt sie.

Auch Michelle aus der Stadt Luzern, die ihren Nachnamen nicht verraten möchte, ist oft an der Versteigerung dabei. «Ich sammle gerne.» Ihre heutige Errungenschaft: Werkzeuge, eine handbemalte Nachttischlampe und eine Kiste gefüllt mit Besteck. «Vielleicht hat es ja Silberbestecke darunter», sagt sie. Viele Teilnehmer sind Händler, sagt Nico Barth. «Wir haben ein gewisses Stammpublikum, das man an jeder Versteigerung wieder trifft. Darunter hat es viele Händler. Es hat aber auch solche, die die Ware für ihren Eigengebrauch kaufen.

Publiziert in der Neuen Luzerner Zeitung am 20. November 2015.

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