Wyss im neuen Zimmer im «Emmenfeld». Auch das Foto von sich und seiner verstorbenen Freundin erhält einen neuen Platz. (Bild Roger Grütter, Neue Luzerner Zeitung).

«Am besten gefällt mir das eigene Bad»

Die Herdschwand-Bewohner sind in ihr neues Heim im Emmenfeld gezogen. Ihr erster Eindruck: Es gibt viel mehr Komfort. Dafür müssen einige wieder lernen, allein zu schlafen.

Mittwochmorgen, im Aufenthaltsraum im Betagtenzentrum Herdschwand ist Hochbetrieb: Die Bewohner trinken Kaffee, essen Kuchen, spielen Lotto und jassen. Sie scheinen glücklich, machen zusammen mit ihren Betreuern und mit Zivilschützern, die in diesen Tagen hier sind, ihre Spässe. Trotzdem: Die Anspannung ist beinahe greifbar. Für 30 Senioren ist es nämlich der Tag ihres Umzugs vom Herdschwand ins neue Betagtenzentrum Emmenfeld.

«Ein bisschen mulmig ist mir schon»

Bereits um 7 Uhr mussten die Bewohner ihre Zimmer verlassen, um dem Zügelunternehmen Platz zu machen. Einige gönnen sich in einem provisorischen Ruheraum ein Schläfchen, andere wurden von ihren Angehörigen abgeholt und verbringen den Tag auswärts, die meisten sind aber im Aufenthaltsraum anzutreffen. Einer von ihnen ist Ferdinand Wyss (81). Er hat beim Lotto ein Schokoladenstängeli abgeräumt, weniger Glück hatte er beim Jassen. Spass macht es ihm dennoch. Er denkt auch an den bevorstehenden Umzug. «Ein bisschen mulmig ist mir schon», sagt er. Anderthalb Jahre lang hat Wyss im Herdschwand gewohnt. «Eigentlich dachte ich, ich hätte den letzten Umzug bereits hinter mir», lächelt er.

Grösstes Heim der Zentralschweiz

Insgesamt rund 150 Senioren zogen in dieser Woche vom Betagtenzentrum Herdschwand ins neue Emmenfeld, rund 30 am Tag, geordnet nach Stock und Abteilung. «Es ist für die Bewohner jeweils ein grosses Abenteuer», sagt Richard Kolly, Geschäftsführer der Betagtenzentren Emmen AG. Das Heim Emmenfeld ist mit 162 Einzelzimmern das grösste Betagtenzentrum in der Zentralschweiz. 65 Millionen Franken hat es gekostet, zwei Jahre dauerte der Bau. Es ist der Ersatz für das 40-jährige Zentrum Herdschwand. Dieses wird bis 2017 noch als Provisorium für das Alters- und Pflegeheim Unterlöchli genutzt, danach wird es abgerissen.

Auch Lisa Waldispühler (85) hat an diesem Mittwoch ihren Zügeltag. Sie plaudert gemütlich mit ihren Mitbewohnerinnen, die Anspannung ist der Seniorin aber ins Gesicht geschrieben. «Ich weiss noch nicht genau, was mich erwartet. Hier im Herdschwand war ich alles gewohnt, im Emmenfeld wird dann alles wieder neu.» Sie werde das Herdschwand, in dem sie sechs Jahre lang gewohnt hat, sicher vermissen, sagt sie. «Es wird ungewohnt sein, plötzlich an einem anderen Ort aufzuwachen.» Die Bewohner können selber entscheiden, ob sie lieber in Kleinbussen reisen oder von Zivilschützern begleitet per Rollstuhl den Umzug antreten möchten. Lisa Waldispühler hat sich für den Bus entschieden. «Das ist einfacher und geht schneller», sagt sie lächelnd. Ferdinand Wyss will dagegen «zu Fuss» gehen – das heisst, per Rollstuhl. Er wird von einem Zivilschützer, der bereits sein Jasspartner war, begleitet. Mit dem Herdschwand verbindet Wyss eine besondere Beziehung. Der Ur-Emmer war für den Unterhalt der Schule Gersag zuständig und mähte deshalb auch den Rasen beim Betagtenzentrum. Zudem lebte bereits seine Mutter im Herdschwand. «Mir hat es hier sehr gut gefallen. Dennoch glaube ich nicht, dass ich es vermissen werde. Ich vertraue darauf, dass es auch am neuen Ort gut wird», so Wyss.

Ausschliesslich Einzelzimmer

Geschäftsführer Richard Kolly begrüsst jeden neuen Bewohner im Emmenfeld einzeln. «Die Bewohner schätzen das sehr», sagt er. Die neuen Zimmer wurden von der Umzugsfirma Onandon und den Zivilschützern bereits zu einem grossen Teil eingerichtet. Einigen Bewohnern helfen zudem noch Angehörige mit. So sind bei Lisa Waldispühler drei Freunde anwesend. Ihr Zimmer ist noch nicht ganz eingerichtet, ihr Fernsehsessel fehlt noch. «Ich schaue lieber im Sitzen», sagt sie. Sie schaut sich um und sagt über ihr neues Zimmer: «Es ist wirklich schön. Aber es ist schon noch alles sehr frisch, ich muss mich daran gewöhnen.» Das neue Zentrum setzt anders als das Betagtenzentrum Herdschwand ausschliesslich auf Einzelzimmer. Für Lisa Waldispühler ist das eine grosse Umstellung. Zuletzt hat sie in einem Dreibettzimmer gelebt. «Es wird speziell sein, nach so vielen Jahren wieder alleine zu schlafen.»

Inzwischen ist auch die Rollstuhl-Truppe im Emmenfeld angekommen. Mit dabei sind sechs Zivilschützer und fünf Bewohner. Alles ist gut gegangen. Ferdinand Wyss hat die Reise gefallen. «Die Zivilschützer haben das gut gemacht.» Kaum ist er angekommen, gehts ins neue Zimmer im zweiten Stock. Bereits vorher lebte Wyss in einem Einzelzimmer, doch das neue ist heller und grösser. «Am besten gefällt mir das eigene Bad», sagt er. Im Herdschwand habe er manchmal sogar anstehen müssen, um auf die Toilette zu gehen. Der Blick geht von seinem Zimmer aus ins Grüne Richtung Flugplatz. Künftig kann er den Flugzeugen beim Starten zuschauen. «Mir gefällt es hier sehr. Emmen ist doch einfach das Beste», sagt er lachend.

Im Zimmer von Ferdinand Wyss (Mitte): Fotograf Roger Grütter (rechts) und Journalist Raphael Gutzwiller (links). (Bild: Brigitte Senn, Betagtenzentren Emmen AG)
Im Zimmer von Ferdinand Wyss (Mitte): Fotograf Roger Grütter (rechts) und Journalist Raphael Gutzwiller (links). (Bild: Brigitte Senn, Betagtenzentren Emmen AG)

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