Adligenswil geht über die Bücher

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Die Beschwerde gegen neue Bauzonen in Adligenswil ist zwar noch hängig. Doch der Gemeinderat rüstet sich bereits für eine Niederlage.

In Sachen Bautätigkeit tut sich etwas in Adligenswil: Im Zentrum entsteht das Alterszentrum Wohnen und Leben am Riedbach, daneben werden von der Kirchgemeinde 48 neue Wohnungen realisiert. Beide Areale wurden extra für diese Bauprojekte eingezont.

In Zukunft sollen noch mehrere grössere Areale neu in die Bauzone umgezont werden. So sieht es die neue Adligenswiler Ortsplanung vor. Ob diese in der vorgesehenen Form umgesetzt werden kann, ist aber fraglicher denn je. Zwar hat die Gemeindeversammlung die Ortsplanung Anfang 2014 bewilligt, jedoch ist sie bis heute nicht in Kraft. Grund dafür ist eine Beschwerde der Stiftung Landschaftsschutz. Bis vor kurzem hoffte der Gemeinderat, dass die Beschwerde gar nicht gültig ist. Doch das Bundesgericht entschied kürzlich, dass auch Stiftungen berechtigt sind, gegen eine Ortsplanung Beschwerde einzureichen (Ausgabe vom 25. August).

Warnung vor einer Volksabstimmung

Nun muss der Regierungsrat über die Beschwerde entscheiden – und damit auch über die Frage, ob die Adligenswiler Ortsplanung geltende Gesetze verletzt. Das ist nämlich der Vorwurf der Gegner der Vorlage. Sie stützen sich auf das neue nationale Raumplanungsgesetz, das im Mai 2014 in Kraft getreten ist. Dieses hat zum Ziel, die Zersiedelung zu stoppen, und lässt deshalb allzu grosszügige Einzonungen nicht mehr zu. Das neue Raumplanungsgesetz wurde vom Schweizer Stimmvolk am 3. März 2013 mit 62,9 Prozent angenommen. Die Adligenswiler stimmten diesem gar mit 72,4 Prozent zu.

Bei der eigenen Ortsplanung richteten sich die Adligenswiler jedoch nicht nach dem neuen Gesetz. Der Gemeinderat, der bereits seit 2010 am Planen war, wollte die Vorlage unbedingt noch vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes durchbringen. Das belegt ein Blick zurück auf die Gemeindeversammlung Anfang 2014. Als es darum ging, eine Urnenabstimmung über die Ortsplanung durchzuführen, warnte der damalige Bauvorsteher Markus Sigrist: «Ein Urnengang könnte erst Ende April über die Bühne gehen. Der Regierungsrat könnte unsere Ortsplanung nicht mehr genehmigen, bevor das neue Raumplanungsgesetz in Kraft tritt.»

Die Gemeindeversammlung sprach sich in der Folge gegen eine Volksabstimmung aus. Doch diese Taktik ist nicht aufgegangen. Nun muss die Luzerner Regierung die Adligenswiler Ortsplanung trotzdem nach neuem Gesetz beurteilen.

Gemeinde strebt Kompromiss an

Was sagt der Adligenswiler Gemeinderat heute dazu – hätte man von Anfang an mit weniger Einzonungen planen müssen? Gemeindepräsidentin Ursi Bur­kart (CVP) will dazu keine Stellung nehmen und verweist auf den neuen Bauvorsteher Peter Stutz (FDP). Dieser ist seit wenigen Wochen im Amt und hat das Dossier Ortsplanung vom zurückgetretenen Markus Sigrist (CVP) übernommen. Peter Stutz sagt: «Wir müssen nun abklären, wie es in der Angelegenheit weitergeht, und mit allen Experten über die Bücher. In erster Linie wollen wir wissen, was an der heutigen Ortsplanung genau geändert werden müsste, damit sie dem neuen Gesetz entspricht.» Obwohl die Beschwerde beim Regierungsrat noch hängig ist, geht der Bauvorsteher also davon aus, dass die Ortsplanung in der vorgesehenen Form nicht dem Gesetz entspricht. Zudem wolle der Gemeinderat jetzt auch die Stiftung Landschaftsschutz ins Boot holen. «Jetzt, nach dem Bundesgerichtsurteil, ist der Moment, wo wir die Anliegen der Stiftung genau analysieren müssen. So können wir vielleicht einen Kompromiss finden, der sowohl der Gemeinde als auch der Stiftung zusagen würde», so Peter Stutz.

Für den Gemeinderat gibt es verschiedene Varianten, wie es weitergehen könnte: «Es ist möglich, dass kleine Anpassungen reichen, dann würden wir das machen.» Gemäss Stutz ist dies die wahrscheinlichste Variante – er geht davon aus, dass die Einzonungen nicht grossflächig abgespeckt werden müssen. Zudem könnte man auch mit verdichtetem Bauen den Vorgaben des Gesetzes näherkommen.

Ortsplanung ganz von vorne beginnen?

Denkbar ist gemäss Gemeinderat Stutz aber auch, dass man ganz von vorne anfängt. «Es ist vorstellbar, dass wir als Variante eine neue Ortsplanung machen müssen, die dann das ganze Proze­dere nochmals durchlaufen müsste», so Stutz. Das bedeutet: Anwohner können wieder Einsprachen und Verbände Beschwerden einreichen. «Deshalb müssen wir bei einer neuen Ortsplanung unbedingt mit allen ­Experten genaue Abklärungen treffen, damit es rechtlich abgesichert ist», so der neue Adligenswiler Bauvorsteher.

Bis Ende Jahr will der Adligenswiler Gemeinderat die Abklärungen getroffen haben und entscheiden, in welche Richtung es gehen soll. Dabei spielen auch die Finanzen eine Rolle, sagt Peter Stutz. «Ein Neustart der Ortsplanung dürfte vermutlich teurer werden, kann aber auch einige Vorteile für Adligenswil mit sich bringen.»

 


Kommentar

Es braucht einen deutlichen Schritt zurück

raphael-gutzwiller-schwarzweissDer Adligenswiler Gemeinderat wollte seine Ortsplanung vor Inkrafttreten des neuen Raumplanungsgesetzes unter Dach und Fach bringen. Denn er wusste, dass seine Vorlage nach neuem Gesetz kaum bewilligungsfähig wäre. Damit es schneller geht, hat er 2014 sogar eine Volksabstimmung verhindert.

So hat er aber einen Rechtsstreit geradezu provoziert – statt schneller geht es nun viel länger. Bis eine neue Ortsplanung in Kraft tritt, dauert es wohl noch Jahre. Diese ist auf einen Zeitraum von 15 Jahren ausgelegt. Schon seit sechs Jahren wird in Adligenswil daran gebastelt. Bis sie in Kraft tritt, könnte sie also bereits wieder veraltet sein.

Die Aussagen des neuen Bauvorstehers lassen klar durchblicken, dass in der Vergangenheit Fehler gemacht wurden und dass der Gemeinderat in der neuen Zusammensetzung nicht mehr hinter der Ortsplanung in der vorliegenden Form stehen kann. In der Erwartung, dass die Beschwerde vom Regierungsrat gutgeheissen wird, stellt der Gemeinderat bereits die Weichen für eine erneute Anpassung der Ortsplanung. Das ist wohl der einzig richtige Weg. Das bedeutet auch: Adligenswil muss in Sachen Einzonungen einen deutlichen Schritt zurück machen.


 

Artikel und Kommentar erstmals publiziert in der Luzerner Zeitung am 24. September 2016. 

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