Erwartet von seinem Team gegen Luzern den nötigen Biss: Lugano-Goalie David da Costa. (Bild: Christian Beutler/Keys)

«Wir sind zu Recht Letzter»

Seit drei Monaten hütet David Da Costa (31) das Tor des FC Lugano. Vor dem Kellerduell gegen den FC Luzern spricht er über fehlenden Biss, die Captainbinde und seinen Abgang beim FCZ.

 

David Da Costa, Sie sind seit drei Monaten beim FC Lu­gano. Wie gut haben Sie sich schon im Tessin eingelebt?

Ich fühle mich sehr wohl hier. Lugano ist eine wunderschöne Stadt und hat einen tollen Fussballklub. Die Mannschaft hat es mir sehr leicht gemacht, mich einzuleben. Aber natürlich können wir mit unserer bisherigen Saison überhaupt nicht zufrieden sein.

Sie sprechen es an: Lugano liegt mit nur neun Punkten an letzter Stelle. Woran liegt es?

Es fehlt an den Details. Wir machen in den entscheidenden Momenten zu einfache und zu viele Fehler. So bekommen wir dumme Gegentore oder lassen Torchancen aus.

Dass es Lugano in dieser Saison schwer haben würde, überrascht wenig. Im Sommer gab es viele Veränderungen. Wichtige Spieler und der Trainer verliessen den Verein.

Natürlich sind gute Spieler, wie die beiden Stürmer Alioski oder Sadiku, gegangen, und neue Spieler sind dazugekommen. Zudem hat der Trainer gewechselt. Aber der Saisonstart ist uns ja geglückt. Danach haben wir es uns ein bisschen zu gemütlich gemacht. Das kann man sich nicht erlauben. Nun müssen wir Schritt für Schritt wieder aus dieser Negativspirale herausfinden. In den letzten Spielen sah man einen kleinen Aufwärtstrend. Ich denke, wir haben aus dem Monat September, in dem wir fast alles verloren haben, gelernt.

Mit Ihnen, Mattia Bottani, Cristian Ledesma oder Alexander Gerndt sind namhafte Spieler zu Lugano gekommen. Ist die Mannschaft besser, als es die Tabelle vermuten lässt?

Die Tabelle lügt nicht. Wir haben von zwölf Spielen nur zwei gewonnen, damit bist du zu Recht Letzter. Aber unsere Mannschaft hat durchaus eine grosse Qualität. Um diese auszuspielen, muss aber jedes Puzzleteil stimmen.

Das war in der letzten Saison der Fall. Mit dem dritten Platz hat Lugano die erfolgreichste Saison seit dem Zwangsabstieg 2002 gespielt. Ist es in der Folgesaison besonders schwierig?

Was Lugano in der letzten Saison gezeigt hat, war phänomenal. Natürlich finde ich es auch toll, Europa League spielen zu dürfen. Aber wir müssen uns nicht mit der letzten Saison beschäftigen. Es liegt an jedem Einzelnen, dass wir ein neues, positives Kapitel in der Vereinsgeschichte des FC Lugano schreiben können.

Lugano spielt in der Europa League. Welcher Einfluss hat die Doppelbelastung auf die derzeitige Tabellenlage in der Meisterschaft?

Ich glaube nicht, dass die Doppelbelastung einen grossen Einfluss auf unsere schwachen Leistungen hat. Es ist aber sicher eine Umstellung, gerade für die jungen Spieler. Sie sind es sich nicht gewohnt, alle drei Tage einen Ernstkampf zu bestreiten.

Dort kommt Ihre Erfahrung ins Spiel. Wie können Sie Ihre Erfahrung an die jüngeren Spieler weitergeben?

Natürlich ist Erfahrung gut, aber das ist nicht das Entscheidende. Vielleicht hat man als routinierter Spieler eine ähnliche Situation schon erlebt und kann deshalb Tipps geben. Aber gerade in der Situation, in der wir momentan stecken, müssen nicht nur die erfahrenen Spieler Verantwortung übernehmen, sondern alle. Das gilt genau so für den 18-Jährigen wie für den 35-Jährigen. Dabei geht es nicht darum, Ansprachen zu halten, sondern etwa auch einmal den Mut zu haben, einen Torschuss zu wagen. Wir brauchen alle Spieler, um mit Mini-Schritten aus der Krise zu finden.

Gegen Viktoria Pilsen und Sion waren Sie Captain des FC Lugano. Wie speziell ist es, als neuer Spieler eine Mannschaft anzuführen?

Es ist nicht spezieller, nur weil ich jetzt neu dabei bin. Das Fussballgeschäft ist sehr schnelllebig, Veränderungen können schnell kommen. Ich glaube auch, dass mich das Team als Führungsspieler akzeptiert. Ich trage das Trikot des FC Lugano und auch die Captainbinde mit grossem Stolz. Genau so, wie ich beim FC Zürich und bei Novara die Captainbinde mit Stolz trug.

Beim FC Zürich waren Sie der absolute Publikumsliebling. Ihr Abgang war aber äusserst unschön. Mitten in der Saison wurden Sie zur Nummer zwei erklärt, im Sommer 2015 flüchteten Sie nach Italien.

Das stimmt, aber das ist inzwischen über zwei Jahre her. Ich bin nicht nachtragend, und für mich ist dieser Abgang vergessen. Auch heute bin ich noch eng mit dem FCZ verbunden. Dort bin ich gross geworden, diese Verbindung bleibt immer bestehen. Aber ich bin auch Profifussballer, und deshalb brauche ich auch ­einen positiven Egoismus. Ich muss für mich und meine Karriere schauen. Im Moment habe ich auch gar keine Zeit, mich mit dem FC Zürich zu beschäftigen. Ich konzentriere mich ganz auf den FC Lugano.

Heute steht das Kellerduell gegen den FC Luzern an. Wie geht man in ein solches Spiel?

Wir brauchen den grösseren Biss als der Gegner. Ich denke, die Mannschaften sind fussballerisch nah beieinander. Deshalb werden Einstellung und Wille für die Entscheidung sorgen. Und wir wollen diesen Sieg gegen Luzern unbedingt.

 

 

Zur Person

David Da Costa (31) ist seit dieser Saison Torhüter des FC Lugano. Er stammt aus der Nachwuchsabteilung des FC Zürich, für den er 118 Spiele als Profi bestritt. Zuletzt spielte Da Costa für Novara Calcio in der Serie B.

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